Wirkmechanismen, Eigenschaften und Leistungsfähigkeit mikrobiell basierter Kühlschmierstoffe in der spanenden Fertigung
Marvin Redetzky
In der metallbearbeitenden Industrie sind Kühlschmierstoffe (KSS) ein wesentlicher und meist unverzichtbar Bestandteil. Die chemische Zusammensetzung vieler KSS stellt jedoch häufig ein potenzielles Risiko für Mensch und Umwelt dar. Daher besteht ein großes Interesse an alternativen Schmierstoffen. Aus Algen gewonnene Öle sowie auf nachwachsenden Rohstoffen basierende KSS befinden sich bereits in der Entwicklung bzw. stellen den Stand der Technik dar. Mikroorganismen, wie Bakterien und Hefen, die eine große Limitation konventioneller wassergemischter KSS darstellen, wurden bisher als mögliche Schmierstoffalternative vernachlässigt. Viele Zellbestandteile und Speicherstoffe, wie z.B. Phosphorkomponenten und Fettsäuren, stellen jedoch eine Äquivalente zu kommerziellen KSS-Bestandteilen dar. Der sich daraus ableitende mögliche Paradigmenwechsel, gezielt Mikroorganismen als Ersatz für konventionelle KSS-Komponenten zu nutzen, wurde erstmalig im Rahmen dieser Arbeit erforscht. Nach der Auswahl und Anzucht geeigneter Mikroorganismen wurden deren Schmiereigenschaften in tribologischen Modellversuchen untersucht und die Einflussgrößen sowie die Wirkmechanismen der Schmierfähigkeit analysiert. Es zeigte sich, dass ein hauptsächlich physikalischer Effekt für die Schmierwirkung mikrobiell basierter KSS verantwortlich ist, bei dem die Zellen den Kontakt zwischen den Tribopartnern verhindern, ohne dabei selber zerstört zu werden. Die Ergebnisse der Modellversuche wurden im weiteren Verlauf in verschiedenen Fertigungsprozessen auf der Werkzeugmaschine validiert. Die These eines hauptsächlich physikalischen Wirkmechanismus konnte dabei bestätigt und erstmalig das große Potenzial, das mikrobiell basierte KSS für die spanende und umformende Fertigung aufweisen, gezeigt werden.