Zuchthaus Brandenburg-Görden 1941–1945 Der letzte Anstaltsleiter im »Dritten Reich«
Herbert Thümmler – Person und Amt; juristische Aufarbeitung Eine kommentierte Dokumentation
Wedigo Orlowsky
Das Zuchthaus Brandenburg-Görden gehörte zu den größten Haftanstalten seiner Art im »Dritten Reich«. Es war Ort von mehr als 2.000 Hinrichtungen und vielfältigsten Unrechts und Leids. Der letzte Anstaltsleiter wurde nach dem Krieg der Stiefvater des Verfassers. Anhand des reichhaltig vorhandenen Aktenmaterials zeichnet Wedigo Orlowsky den Lebensweg und den beruflichen Werdegang vor dem Hintergrund des damaligen zeitgeschichtlichen Kontextes. Die Entwicklung der Rechtsprechung unter der NS-Herrschaft wird dabei ebenso vertieft dargestellt wie etwa die gegen die sog. Asozialen gerichtete Politik und deren Folgen für die betroffenen Strafgefangenen. Ausführlich werden die Jahre der Tätigkeit des Stiefvaters in Brandenburg bis zu seiner Flucht beim Anrücken der sowjetischen Truppen dokumentiert. Ebenso die nach dem Krieg entstandenen Zeugnisse ehemaliger Gefangener, die dem folgenden Entnazifizierungsverfahren und den schon früh begonnenen staatsanwaltlichen Ermittlungen zugrunde lagen. Letztere erweisen sich bei ins Einzelne gehender kritischer Betrachtung als lückenhaft und im Ergebnis als unbefriedigend. Gerade bei den gravierendsten Vorwürfen im Zusammenhang mit den letzten Hinrichtungen am 20. April 1945 oder mit der gegen »asoziale« Gefangene gerichteten Aussonderungsaktion zeigt sich, dass wesentliche rechtliche Aspekte gar nicht in den Blick geraten sind und vor Fragen stellen, die heute nicht mehr beantwortet werden können. Der ausführlich dargestellte gesellschafts- und rechtspolitische Kontext in der Nachkriegszeit bietet Anhaltspunkte für eine Erklärung dieses Befundes.
Eine vor dem Hintergrund persönlichen Erlebens kommentierte Dokumentation, in der »die zu allen Zeiten für jedermann gegenwärtige Gefahr, sich – wie schleichend – in Unrecht zu verstricken«, deutlich wird.