Zur Untreuestrafbarkeit gemeindlicher Vertreter
Hauke Hinrichs
Die Frage nach einer Untreuestrafbarkeit gemeindlicher Vertreter wirft besondere Fragen auf. Der Verfasser arbeitet diese heraus und führt sie unter begleitender Schilderung tatsächlicher Fälle einer konsistenten Lösung zu. Im ersten Teil wird die grundsätzliche Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung gemeindlicher Vertreter wegen Untreue u.a. unter weitestgehender Ablehnung ihrer Indemnität und Immunität bejaht. Im Anschluss daran geht der Verfasser auf die Genese des Tatbestandes der Untreue, insbesondere auf die Bemühungen zur Schaffung eines solchen der Amtsuntreue ein, beleuchtet er die europäische Rechtslage und die allgemeine Deliktsnatur des § 266 Abs. 1 StGB. Den Schwerpunkt der Studie bildet der dritte Teil. Darin legt der Verfasser dar, dass sämtliche gemeindliche Vertreter aufgrund der Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in den Gemeindeverfassungen eine arteigene Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 Abs. 1 StGB trifft, die sich als äußerer Begrenzungsrahmen bei der Wahrnehmung des den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantierten Selbstverwaltungsrechts darstellt. Das von dem 1. Strafsenat des BGH geschaffene und von weiten Teilen der Literatur anerkannte Institut der gravierenden Pflichtverletzung lehnt der Verfasser mit überzeugender Argumentation ab. Gleiches gilt für den zwischenzeitlich auch vom 1. Strafsenat des BGH abgelehnten Gefährdungsschaden. Die Relevanz der betreffenden Streitstände für die Untreuestrafbarkeit gemeindlicher Vertreter führt der Verfasser anhand von realen Fällen vor Augen. Des weiteren macht er sich mit Auseinandersetzungen zu einem besonders engen Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil für eine restriktive Auslegung des Tatbestandes stark. Im Anschluss daran geht er erschöpfend auf die Zulässigkeit der Zahlung von Geldstrafen, -auflagen und -bußen, sowie Verfahrens- und Verteidigerkosten für Bedienstete der Gemeinden ein. Schließlich erarbeitet der Verfasser in Abhängigkeit zu seinem Ergebnis zu den Voraussetzungen an eine objektiv-tatbestandliche Pflichtverletzung einen Vorschlag zur Behandlung von Irrtümern über die Pflichtwidrigkeit, für die bisher alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten als angezeigt vertreten werden. Das Werk ist vor allem für die Praxis wegweisend. Der Autor ist als Richter am Amtsgericht – auch unter Abordnung an ein Landgericht in der dortigen Wirtschaftsstrafkammer – langjährig im Wirtschaftsstrafrecht tätig gewesen.