Zwischen den Zeilen
eigentumslose Haushalte in fränkischen Verzeichnissen aus vor- und frühstatistischer Zeit
Thomas Wenderoth
Die Bevölkerungs- und Stadtgeschichtsschreibung wird dominiert vom Blick auf die Eigentümer, eigentumslose Einwohner bleiben damit zumeist unsichtbar. Bei einer genauen Quellenanalyse lassen sich Mieter jedoch seit dem Mittelalter nachweisen, sie waren ein selbstverständlicher Teil der ländlichen und städtischen Bevölkerung. Anhand verschiedener Einwohnerverzeichnisse vom ausgehenden 15. bis zum beginnenden 19. Jahrhundert wird die Bevölkerungsentwicklung erstmalig aus der Perspektive der eigentumslosen Haushalte untersucht. Die Untersuchung erfolgt exemplarisch anhand von fränkischen Städten. Die politische Zersplitterung der Region erlaubt dabei den Vergleich von Städten unterschiedlicher Herrschaftsgebiete. Ergänzend dazu werden auch Städte und Regionen außerhalb Frankens mit in die Diskussion einbezogen.
Trotz einer disparaten Quellenlage lassen sich allgemeine Tendenzen nachweisen: Der Anteil der eigentumslosen Haushalte stieg seit dem Mittelalter stetig. Der Dreißigjährige Krieg führte zu einem deutlichen Rückgang der eigentumslosen Haushalte, ihr Anteil nahm erst ab dem späten 17. Jahrhundert wieder rasant zu. Die Größe einer Stadt war nicht allein maßgebend für den Mieteranteil. Neben der territorialen Zugehörigkeit erweisen sich städtische Sonderfunktionen, wie Residenz und Exportgewerbe, als wichtige Faktoren für den Anteil der Miethaushalte. Dieser lag bereits in der vorindustriellen Zeit nicht selten über 50%. Unter den eigentumslosen Haushalten waren Kleinhaushalte und verwitwete Frauenhaushalte überdurchschnittlich stark vertreten.
Die Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag für die Prosopographie und die Sozialgeschichte der Vormoderne. Sie stellt zudem Grunddaten für eine erweiterte Diskussion in der Architektur- und Stadtbaugeschichte zur Verfügung.