Zwischen Planung und spontaner Ordnung – Stadtentwicklung von Phnom Penh 1860 bis 2010
Thomas Kolnberger
Der vorliegende Band ist ein umfassendes Werk zur Stadtgeschichte und Stadtentwicklung von Phnom Penh von 1860 bis 2010, in dem der Autor einen weiten Bogen von der Stadtentwicklung während der französischen Kolonialherrschaft und den verschiedenen Phasen der Herrschaft der Khmer-Eliten über die Schreckensherrschaft des Khmer Rouge-Regimes bis hin zur parlamentarischen Monarchie seit 1993 spannt. Der interdisziplinäre Untersuchungsansatz, der nicht nur auf die Zugänge der historischen Wissenschaften und der Stadtgeographie zurückgreift, sondern auch Perspektiven der Politikwissenschaft, Soziologie und Architektur miteinbezieht, sollte das Werk nicht nur für Historiker/innen und Geograph/inn/en
interessant machen, sondern darüber hinaus auch für eine generell an Stadtentwicklungsprozessen in Südostasien interessierte Leserschaft.
Ausgangspunkte der umfassenden historisch-geographischen Analysen, in denen eine Fülle von bislang noch nicht wissenschaftlich bearbeitetem bzw. öffentlich nicht zugänglichem Quellen- und Archivmaterial, vor allem aus der Zeit des französischen Protektorats, ausgewertet wurde, sind zwei unterschiedliche Entwicklungsphasen, die gleichzeitig markante Zäsuren in der Stadtentwicklung darstellen: nämlich einerseits die Etablierung von Phnom Penh als Kolonialstadt in der Doppelfunktion sowohl als Sitz der französischen Protektoratsverwaltung als auch des kontinuierlich an Einfluss verlierenden Khmer-Königtums von den 1860er-Jahren bis zur Unabhängigkeit 1953 und andererseits der „Neustart“ von Phnom Penh durch seine „Wiederbesiedlung“ nach der Vertreibung der Khmer Rouge im Jahr 1979. Tatsächlich stellt Phnom Penh mit der radikalen De-Urbanisierung der Stadt während der Pol Pot-Zeit und der anschließenden Re-Urbanisierung wohl einen einmaligen Sonderfall in der jüngeren Geschichte Südostasiens dar, quasi eine „Laborsituation“, die eine Reihe interessanter Analyseperspektiven ermöglicht.