Praemium Virtutis

Praemium Virtutis von Cole,  Michael, Dombrowski,  Damian, Echinger-Maurach,  Claudia, Götzmann,  Jutta, Kuhlemann,  Michael, Kusch,  Britta, Laschke,  Birgit, Myssok,  Johannes, Poeschke,  Joachim, Pöpper,  Thomas, Röll,  Johannes, Ruggero,  Cristina, Vossilla,  Francesco, Weigel,  Thomas
Weitere Informationen unter http://www.rhema-verlag.de/books/sfb496/sfb02.html Inhalt: Nicolas Bock: Kanon und Variation– Virtus an Grabmälern in Neapel und Rom Damian Dombrowski: 'Cernite'– Vision und Person am Grabmal Roberts des Weisen in S. Chiara zu Neapel Birgit Laschke: Arma et litterae– Tugendkonzeptionen an neapolitanischen Dichtergrabmälern Michael Kuhlemann: Tugendhafte Herrschaft zwischen Renaissance-Ideal und Ritterstolz: Giovanni da Nolas Grabmal des spanischen Vizekönigs Don Pedro de Toledo Britta Kusch: Tugend und convenientia– Die Begräbnisse und Grabmäler der Florentiner Kanzler Johannes Myssok: Bartolomeo Ammannati: Das Boncompagni-Grabmal im Camposanto zu Pisa Thomas Weigel: Begräbniszeremoniell und Grabmäler venezianischer Großkanzler des 16. Jahrhunderts Michael Cole: Cellinis Grabmal– Poetik und Publikum Francesco Vossilla: La Tomba di Baccio Bandinelli alla Santissima Annunziata di Firenze Thomas Pöpper: Virtus-Personifikationen an römischen Kardinalsgrabmälern des Quattrocento– Die Monumente für Antonio Martinez de Chiavez, Astorgio Agnensi und Philippe de Levis Johannes Röll: Das Grabmonument Papst Pius' III. Claudia Echinger-Maurach: Zwischen Quattrocento und Barock: Michelangelos Entwurf für das Juliusgrabmal in New York Jutta Götzmann: Sepulchra – divitiarum testimonia, non mortis honestamenta. Zum Grabmal Papst Hadrians VI. Cristina Ruggero: Decorum, Varietas, Magnificentia– Römische Kardinalsgrabmäler des Barock Von der Ehre als dem Lohn der Tugend spricht Aristoteles im dritten Kapitel des vierten Buches der 'Nikomachischen Ethik' (IV, 3, 7). Im Kommentar des Thomas von Aquin zum lateinischen Text der Schrift liest man dazu 'Nam honor est praemium virtutis' ('In decem libros Ethicorum.', Lib. IV, l. viii, n. 748 [510]). In dieser und ähnlicher Formulierung fand die Sentenz nicht nur in die 'Summa Theologiae' des Aquinaten Eingang (2. 2, q.103, a.1; q.129, a.4), sondern zeitigte auch weit darüber hinaus ein vielfaches Echo, so bei Dante ('De Monarchia', II, iii, 3), Matteo Palmieri ('Della vita civile', Buch IV, 200) und Cesare Ripa, der sich unter dem Stichwort 'Honore' in der 1603 erschienenen dritten Auflage der 'Iconologia' ausdrücklich auf Thomas berief und dessen Buch das Bild der 'Virtù' auf dem Einband dieses Sammelbandes entstammt. Die einer Person aufgrund ihrer virtus bezeigte Ehrung nicht nur auf deren Lebenszeit beschränkt sein zu lassen, sondern ihr Dauer zu verleihen, war die vorrangige Aufgabe literarischer und bildlicher Denkmäler und nicht zuletzt der Grabmäler, die im Zeichen des Humanismus mehr und mehr zu Persönlichkeits- und Ruhmesmälern gerieten. Als solche entfalteten sie in dem hier ins Auge gefaßten Zeitraum ein breites Spektrum von Bildsymbolen, in denen – begleitet von entsprechenden Inschriften – sowohl allgemeinen als auch individuellen Wertevorstellungen der Epoche in vielfältigsten Varianten und Nuancen Ausdruck verliehen wurde. Ehrungen dieser Art waren zuallererst ein Anliegen der Familie und der Familiaren des Verstorbenen, die sich dabei nicht selten über den ausdrücklichen Wunsch des Testators hinwegsetzten. Zum Ziel beißender Kritik machte dieses Eigeninteresse der Hinterbliebenen der junge Lorenzo Valla in seiner Streitschrift 'De voluptate' (1431), in der er auseinandersetzt, daß Totenehrungen aller Art nur den Nachlebenden Freude und Nutzen bereiten könnten (De voluptate II, ix, 2). In der sozialen Wirklichkeit der Renaissance zweifellos stärker verwurzelt war der gemäßigtere Standpunkt, den Leon Battista Alberti in dieser Frage einnahm. Auf Grabmäler kommt Alberti im achten Buch seines Architekturtraktates zu sprechen (De re aedificatoria VIII, 1–4). Als hauptsächlicher Grund für die Errichtung von Grabmälern wird die Erinnerung an die Verstorbenen bzw. ihrer Tugenden genannt. Um dies näher zu erläutern, verweist Alberti auf das Beispiel der 'maiores'. Deren unterschiedliche Gebräuche werden gegeneinander abgewogen und damit dem Leser zugleich erstmals so etwas wie ein historischer Abriß der antiken Bestattungsriten und Grabmalsformen geboten, woran rund 80 Jahre später Lilio Giraldi mit seiner Schrift 'De sepulchris et vario sepeliendi ritu liber singularis' anknüpfen sollte. Wie bekannt, gewann mit Beginn des 14. Jahrhunderts das von Alberti als spezifisches Merkmal römisch-antiker Grabmäler beurteilte Sujet der 'res gestae' erneut an Bedeutung in der Grabmalplastik, und zwar zunächst ausschließlich in Italien. Panofsky hat dies als 'readmission of the biographical element' bezeichnet und darin eine von insgesamt fünf Neuerungen gesehen, die für die Ikonographie des Renaissancegrabmals und für das in ihr sich bekundende neue Verhältnis zum Tod und zum irdischen Ruhm in besonderem Maße charakteristisch seien. Weitaus häufiger als biographische Reliefs waren an Grabmälern die zumeist durch weibliche Gestalten personifizierten Tugenden vertreten, die Panofsky als 'character witnesses' bezeichnet hat. Zumeist repräsentierten die Tugendkollektive an Grabmälern vor allem ein gesellschaftliches Ideal, das in erster Linie dem Stand der Verstorbenen Rechnung trug. Zu den in der Frührenaissance vorgenommenen Modifikationen des trecentesken Grundschemas gehörte, daß die Tugenden statt als Sarkophagträgerinnen nun überwiegend an den Rahmenpilastern des Grabmals oder am Sarkophag Aufstellung fanden. Ein grundsätzlicher Bruch mit dem Reihenschema erfolgte erst in Michelangelos Entwürfen für das Juliusgrabmal. Zu den wesentlichen Neuerungen gehörte, daß man den biographischen Sujets und den Tugendallegorien zusätzliche Bildsymbole oder Tugendexempla an die Seite stellte, die auch auf das Ideal der Einheit von Vita activa und Vita contemplativa, von Arma et litterae anspielen mochten. Neu war auch die Aktivierung der Grabfigur, in deren Haltung und Gestik ebenfalls auf die virtus des Verstorbenen verwiesen sein konnte. Schon den Ausführungen Albertis läßt sich entnehmen, daß der intendierte Symbolgehalt von Grabmälern ebenso wie deren ästhetische Wirkung außer von den formalen Qualitäten und den figürlich-bildlichen Bestandteilen auch vom Aufstellungsort und dem demonstrierten äußerlichen Aufwand abhängig war. Mit einer symbolischen Aussage ist auf allen diesen Ebenen zu rechnen. Eben dies verdeutlichen an konkreten Beispielen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln die Beiträge des Bandes. Erwachsen ist der Sammelband aus einer Tagung, die vom 15. bis 16. Februar 2002 im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster stattfand. Veranstalter war das kunstgeschichtliche Teilprojekt 'Virtus in der Kunst und Kunsttheorie der italienischen Renaissance' des Sonderforschungsbereichs 496 'Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution'.
Aktualisiert: 2020-06-25
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