Politische Schriften 1892–1915

Politische Schriften 1892–1915 von Bammé,  Arno, Tönnies,  Ferdinand
Ferdinand Tönnies war ein politischer Denker. Seine Schriften, die er bewusst als politische zwischen 1892 und 1915 verfasst hat, geben Auskunft über die wechselnden Schwerpunkte seiner theoretischen Interessen und praktischen Interventionen in das zeitgenössische Alltagsgeschehen, innenpolitisch beginnend mit der Parteienlandschaft des Wilhelminischen Deutschland unter Bismarck und die sich daraus ergebenden Konflikte, außenpolitisch dann vor allem sich konzentrierend auf die Rolle Englands und die damit einhergehenden Auslösungsmomente, Begleiterscheinungen und tiefer liegenden Ursachen des Ersten Weltkriegs. In der Tagespresse analysiert er kontinuierlich die Hintergründe politischer Skandale, nennt unverblümt „Ross und Reiter“. Nicht zuletzt deswegen behindert die preußische Kultusbürokratie über Jahre hinweg seine Hochschulkarriere. Oft bedient er sich dabei symbolträchtiger Pseudonyme: Antisthenes (Schüler des Sokrates und Begründer der kynischen Philosophenschule), Ignotus (ignoramus et ignorabimus: wir wissen es nicht und werden es auch nicht wissen), Justus (der „Gerechte“), Kritias (antiker athenischer politischer Schriftsteller), Magus (der bzw. die „Magier“, Bezeichnung der Priesterkaste in Persien), Normannus (der „Nordmann“). Den Weg Deutschlands zur Demokratie, die diesen Namen wirklich verdient („Volksherrschaft“), sieht er massiv gefährdet durch die Rankünen der ostelbischen Junker, des konservativen Adels und der weitgehend mit ihm liierten preußischen Militärkaste sowie, als historisches Novum, des aufkommenden Industriekapitals der „Ära Stumm“. Die Realisierung einer anzustrebenden „sozialen Demokratie“ (im Gegensatz zur „liberalen Demokratie“, einer verschleierten Plutokratie), die ihrem Anspruch gerecht wird, hält er, ohne zuvor die Eigentumsfrage zu lösen, für ganz unmöglich. Dauerhaft zu realisieren sei sie allerdings nur auf dem mühevollen Weg langfristig angelegter nachhaltiger Reformen im Rahmen deliberativer, verfassungsrechtlich legitimierter Aushandlungsprozesse, keinesfalls durch bloße Augenblickserfolge gewalttätiger Umsturzversuche.
Aktualisiert: 2022-12-06
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Ferdinand Tönnies: Politische Schriften 1916 ‒ 1918

Ferdinand Tönnies: Politische Schriften 1916 ‒ 1918 von Bammé,  Arno, Tönnies,  Ferdinand
Auch in den „Politischen Schriften“, die im vorliegenden Band zusammengefasst sind, stehen der Krieg und die Kriegsschuldfrage im Vordergrund der Themen, die Tönnies in jener Zeit beschäftigt haben. Allerdings beginnt sich sein Interesse an England als einem der Verursacher des Krieges langsam auf Russland zu verschieben, um später schließlich in zwei größeren Monographien zu kulminieren: „Die Schuldfrage“ (1919) und „Der Zarismus und seine Bundesgenossen 1914“ (1922). Eindeutig und mit vollem Bewusstsein stellt Tönnies sich in den Dienst der deutschen Kriegspolitik und -propaganda mit den Kompetenzen und Möglichkeiten, die ihm im fortgeschrittenen Alter zur Verfügung stehen. Politische „Aufklärungsarbeit“ in Inneren und im (neutralen) Ausland werden zu einem zentralen Betätigungsfeld seiner zahlreichen Essays, Zeitungsartikel und Dossiers. Mit ihnen reiht er sich ein in die großen intellektuellen Debatten jener Jahre. Seine scharfen Polemiken und schneidenden Invektiven, gepaart mit einem immensen historischen und geopolitischen Wissen, offenbaren einen bislang weitgehend unbekannten Tönnies, der das Handwerk eines streitbaren „Influencers“ souverän beherrscht. Auch wenn es sich hierbei um keine soziologischen Analysen im eigentlichen Sinn handelt, sondern um „Streitschriften“, wie er selbst sagt, sind sie, anders als die seinerzeit üblichen Hasstiraden vieler seiner Professorenkollegen, um Faktentreue bemüht. In den „Chor der Hassgesänge“ des Deutschen Flottenvereins, des Alldeutschen Verbandes oder des Deutschen Wehrvereins habe er „niemals eingestimmt“. Und vieles von dem, was er vortrug, ist inzwischen von der historischen Forschung bestätigt worden.
Aktualisiert: 2023-01-01
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Ferdinand Tönnies: Schriften zur Kritik der öffentlichen Meinung

Ferdinand Tönnies: Schriften zur Kritik der öffentlichen Meinung von Bammé,  Arno, Tönnies,  Ferdinand
1922 veröffentlichte Tönnies seine umfassende Monographie zur „Kritik der öffentlichen Meinung“, ein „Schlüsselwerk der Soziologe“, das inzwischen zum Klassiker der Reflektion über die öffentliche Meinung als neuzeitlichem Ausdruck einer kollektiven Form des sozialen Willens aufgestiegen ist. Bereits vorher und auch danach hat er sich immer wieder unter verschiedenen Aspekten und Perspektiven mit dieser Thematik befasst. Zwei Manuskripte aus dem Nachlass, die zu seinen Lebzeiten nicht publiziert wurden, sowie fünf weitere Schriften gelangen im vorliegenden Band, in Ergänzung und als Begleitung seiner groß angelegten Monographie, erstmals in einer übersichtlichen Zusammenstellung zum Abdruck. Die Beiträge enthalten vertiefende Analysen zu einzelnen Problembereichen soziologischen Denkens über öffentliches Meinen: zur Grundlegung und Begründung einer theoretisch fundierten Annäherung an das Thema; zu Ausprägungsformen öffentlichen Meinens, in denen sich Wahrheit, Irrtum und Lüge gleichermaßen verkörpern können; zur politischen Macht und zum soziokulturellen Wert der öffentlichen Meinung, die sie im gesellschaftlichen Leben einnimmt, sowie zur historischen Verortung jeweils spezifischer Erscheinungsweisen der öffentlichen Meinung anhand dreier Beispiele. Tönnies beabsichtigte, seiner „Kritik“ eine Entwicklungs- und Geistesgeschichte über die Literatur der öffentlichen Meinung folgen zu lassen. Das ist, aus welch Gründen auch immer, nicht geschehen. Es kann aufgrund der thematischen Struktur der hier abgedruckten Aufsätze begründet vermutet werden, dass einige von ihnen zum Basismaterial für die geplante Literatursynopse gehören.
Aktualisiert: 2021-12-26
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