pupille von Loidl,  Christian

pupille

gedichte

Christian Loidl, „der Wortzauberer, einer der kreativsten und eigenständigsten österreichischen Lyriker“ (Traude Veran), entführt in seinem vierten Gedichtband in Welten subtiler Erotik, zu Überraschungen unehrerbietiger Klassikerbearbeitungen, haiku-artig kondensierten Augenblicksbeobachtungen und Bloßstellungen gesellschaftlich-politischer Geistverirrungen – und immer wieder zu Aha-Erlebnissen über die Funktionsweise menschlichen Denkens, die dem eigenen Bewusstsein neue Räume eröffnen.

Die Leserin, den Leser aus ihren Erwartungen zu wecken, das Neue, Überraschende zu erschließen, Löcher in Gewohntes zu reißen, um den Blick auf etwas freizugeben, das durch sein Anders-als-vorhergesehen-Sein den Geist erweitert und befreit – dieses Streben durchzieht Christian Loidls ganzes poetisches Werk. Nach „weiße rede“ (ISBN 978-3-902851-00-0), „falsche prophezeiungen“ (ISBN 978-3-902851-02-4) und „farnblüte“ (ISBN 978-3-902851-05-5) führt „pupille“ des Dichters Expedition „unversicherten Lebens“ in unbetretene Urwälder der Sprachschöpfung weiter. Da kehren sich Beziehungen zwischen innen und außen, Wahrnehmungssubjekt und -objekt, um. Erwachen im Traum wird zum Thema. Da werden Novalis‘ Hymnen und Geistliche Lieder auf heimlich in ihnen Enthaltenes untersucht: Loidls Weglassungen lassen völlig neue Gedichte übrig, von ursprünglichster Kraft. Politischer Zorn entlädt sich auf ur-wienerisch kreative Weise, oder beschreibt Zu- und Missstände in gnadenloser Metaphorik, die trotz aller Klarheit eines feinen Humors nie entbehren. Dazwischen viele Perlen jenes Genres, das Loidl stets meisterlich beherrschte: Der Kurzform, die mit nur einer Handvoll Worten kleine Welten erschafft. Und Liebesgedichte, einer Zärtlichkeit, die fast den Atem benimmt, ein eigenes Universum Sprache gewordener Erotik:

„Was keinem freien Blick sich ganz entzieht:
die schalenkinder spielen hinter schleiern,
marin, marientief.
das weltall gleicht der mutter durch die form.

und wir verliefen uns
als mund, als milch,
und wo schon unsinn schwang,
schwankte kein sinai,
lag müdes weichrund:
„schlaf!“

noch staune ich, wie leicht
durch deinen leichten körper ich
mich singen sah:

ein brief
aus rot
ins nichts

und meine lider schließen
deine augen.“

Ein Buch als Entdeckungsreise in immer Unvermutetes, das auch nach vielmaligem Lesen noch immer neue Schichten von Zusammenhängen, ja Erkenntnissen freigibt.

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