Ottilies von Goethe
Zeugnisse eines Lebens. Herausgegeben und mit biografischen Einleitungen versehen von Ulrich Janetzki. Mit einem Nachwort von Francesca Fabbri.
Ulrich Janetzki
Ottilie von Goethe (1796-1872) wurde in den 150 Jahren seit ihrem Tod durch die Bezeichnung »Goethes Schwiegertochter« eher diffamiert, denn gewürdigt. Viel zu sehr fokussierten sich Forschung und Öffentlichkeit auf ihr Leben als Goethes »Vorzimmerdame«, als dass eine auch nur halbwegs angemessene Darstellung dieser unkonventionellen und selbstbewussten Frau möglich gewesen wäre. Darstellungen ihres Lebens brachen mit Goethes Tod mehr oder weniger abrupt ab, als hätten die weiteren 40 Jahre ihres Lebens keinen Belang oder wären sie nur ein Ausklingen der Zeit an der Seite des »Olympiers« gewesen.
Dieses Buch gibt der »ganzen Ottilie« Raum. Hier spricht sie selbst, eingebettet in das Sittengemälde und den illustren – und illustrierten – Chor ihrer Zeit. Zu entdecken ist eine reflektierte, kluge, selbstbestimmte, einfühlsame und spontane Frau, deren Kreativität auch ihren Zeitgenoss:innen Wege zu ungekannter Freiheit eröffnete.
Zu begegnen ist Ottilie von Goethe, der Literaturvermittlerin, der Herausgeberin, der Technik-affinen wie der politischen Gestalt, der Freundin, der Mutter, der Liebenden, der Reisenden, der Dichtenden und auch der an ihrer Zeit Verzweifelnden. Zu erkennen ist eine moderne Frau, deren Schicksal es war, im falschen Jahrhundert zu leben.