Analyse des Konsumenten- und Anbieterverhaltens am Beispiel von regionalen Lebensmitteln
Empirische Studie zur Förderung des Konsumenten-Anbieter-Dialogs
Stephanie Dorandt
Die Studie beschäftigt sich mit der Bedeutung von „Regionalität“ beim Einkauf und Verkauf von Lebensmitteln und den daraus entstehenden Konsequenzen für Nachfrage und Angebot. Zentrales Anliegen war es, den Begriff „regionale Lebensmittel“ näher zu erforschen, da dieser Terminus nicht einheitlich definiert wird. Darüber galt es Empfehlungen zu entwickeln, die einerseits zu Konsum-Entscheidungsprozessen in Privathaushalten hinsichtlich regionaler Lebensmitteln führen und andererseits den Konsumenten-Anbieter-Dialog im Hinblick auf den nachhaltigen Konsum dieser Lebensmittelgruppe fördern. Um diese Ziele zu erreichen, sind die bestehenden Markt- und Kommunikationsbeziehungen zwischen der Nachfrage- sowie der Angebotsseite untersucht worden. Hierzu wurden Ende 1998/Anfang 1999 486 Privathaushalte in Osnabrück (n= 227), Münster (n= 219) und Dortmund (n= 40) anhand persönlicher, teil-standardisierter Interviews zu ihrem Einkaufsverhalten bei regionalen Lebensmittel befragt. Die Konsumenten gaben Auskunft über ihr generelles Einkaufsverhalten, über ihr Verständnis von „regionalen Lebensmitteln“, über diesbezügliche Erwartungen und Kaufmotive, ihr Informationsverhalten und über Einstellungen hinsichtlich einer Mehrpreisakzeptanz bei regionalen Lebensmitteln. Zur Erfassung der Angebotsseite wurden im Frühjahr/Sommer 2001 17 Experten aus den Bereichen Erzeugung (n= 4), Lebensmittelhandwerk (n= 4), Lebensmittelhandel (n= 4) sowie Vertreter von Landwirtschaftskammern (n= 3) und der verbraucherpolitischen Interessenvertretung (n= 2) qualitativ interviewt (problemzentrierte Interviews). Es wurden das Produktangebot, die Absatzwege sowie die Vermarktung (Produkt- und Kommunikationspolitik) regionaler Lebensmittel untersucht. Die Ergebnisse der Befragungen zeigen, dass regionale Lebensmittel als Begriff nicht eindeutig zu fassen sind. Für Konsumenten wird der Begriff primär durch die geographische Herkunft geprägt, die wiederum eher nahräumlich ausgelegt wird. Es handelt sich um Lebensmittel der Urproduktion, die kurze Transportwege hinter sich haben, da sie in der Region erzeugt, be- und verarbeitet werden. Für Anbieter ist der Begriff der regionalen Lebensmittel ebenfalls mit einer geographischen Verortung verknüpft, diese wird jedoch eher als eine Grundbedingung verstanden, der weitere qualitative Aspekte hinzugefügt werden. Die Herkunft wird eher grossräumig gesehen. Für den Konsumenten-Anbieter-Dialog hinsichtlich regionaler Lebensmittel bedeutet dies, dass ein Bedarf der eindeutigen Bestimmung dessen, was Regionalität impliziert, besteht. Daneben zeigt sich, dass regionalen Produkten ein spezifisches, qualitatives Profil aus Konsumentensicht fehlt. Die hier befragten Anbieter geben zwar mehrheitlich an, dass die von ihnen vermarkteten Produkte qualitative Zusatzeigenschaften aufweisen, diese werden vom Konsumenten jedoch nicht nachhaltig wahrgenommen und in Kaufentscheidungsprozessen berücksichtigt. Für beide Seiten ist eine face-to-face-Kommunikation von grosser Bedeutung. Konsumenten fällen daraufhin in der Regel positive Kaufentscheidungen. Daher müssten die Eigenschaften, Herstellungsverfahren und der Produktionsort von regionalen Lebensmitteln wesentlich informationsoffensiver und konsumentenorientierter von Anbieterseite artikuliert werden. Für Konsumenten stellt sich die Frage nach einer schnellen, übersichtlichen Erkennbarkeit von regionalen Lebensmitteln. Hier wären von Anbieterseite dringend Informationsmassnahmen von Nöten wie Herkunftszeichen, Gestaltung der Lebensmittelverpackungen oder Angebote in Regionalecken/Shop-in-Shop-Systemen. Konsumenten hingegen sind ihrerseits gefordert, sich stärker mit der Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung auseinander zu setzen, damit der Wert regionaler Lebensmittel eingeschätzt, beurteilt und entsprechend monetär honoriert werden kann.