Der ‚Oxforder Boethius‘
Studie und lateinisch-deutsche Edition
Daniela Mairhofer, Agata Mazurek
Die „Consolatio philosophiae“ von Boethius war im Mittelalter außerordentlich verbreitet. Sie zählte zur Schullektüre und war einer der meistkommentierten Texte des Mittelalters. Die in MS. Hamilton 46 der Bodleian Library, Oxford, überlieferte deutsche Übersetzung des Boethius-Textes kann man auf 1465 datieren. Sie ist eine von insgesamt nur noch vier erhaltenen deutschen Übertragungen der Trostschrift, die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts unabhängig voneinander im deutschen Sprachraum entstanden sind. Die anonyme Oxforder Übersetzung hebt sich insofern von den anderen Übertragungen ab, als dass nur in ihrem Fall die lateinische Vorlage samt lateinischer Glossen in der Handschrift mitüberliefert ist. Dadurch ist eine einzigartige Grundlage gegeben, von der aus die Arbeitsweise und Intention des Übersetzers genau untersucht werden kann.
In der vorliegenden Publikation wird der Boethius-Text der Hamiltoner Handschrift, der sich aus Grundtext, Paratext und deutscher Übersetzung zusammensetzt und im Original nur sehr schwer zu lesen ist, zum ersten Mal in Form einer wissenschaftlichen Edition und Studie zugänglich gemacht. Der synoptischen Edition des lateinischen Basistextes samt vielschichtiger Glossen und der deutschen Fassung folgen ein vergleichender Kommentar und zwei Glossare, welche jeweils Übersetzungstechniken und Wortschatz eingehend erschließen. Der Edition vorausgeschickt ist eine Studie in Form von neun Kapiteln: Sie befassen sich detailliert mit der Sprache und Provenienz der Übertragung, ihrem Verwendungskontext, ihrer Stellung innerhalb der deutschen Consolatio-Tradition, ihrer Abhängigkeit vom lateinischen Text und den Glossen, mit dem lateinischen Grund- und Paratext und den unterschiedlichen Textherstellungsphasen.