Überwindung des Welt-Leids
Loerkes Lyrik im Spannungsfeld zwischen Nietzsche und Schopenhauer
Thomas Pieper
Neben Nietzsches gewaltiger Wirkung auf das Zeit-Bewußtsein der Jahrhundertwende und der expressionistischen Epoche lassen sich, so zeigt die Untersuchung der Lyrik Loerkes, eben immer wieder auch Spuren des Pessimismus Schopenhauers als Korrektiv der nietzscheschen Lebensbejahung nachweisen. Eine bedeutende Analogie im Denken Loerkes und Schopenhauers besteht in der Verpflichtung auf die kontemplative Funktion der Kunst und des dadurch bewirkten Prozesses meditativer Devitalisierung. Poesie wird verstanden als Evokation des status spiritualis asiatisch-östlicher Motive mit dem Ideal mönchisch-anteilsloser Gleichgültigkeit. Loerke bestätigt die These der «Überwindung des Historismus», dem die Gedichte des «Siebenbuches» mit der Mythisierung des Daseins – dem Glauben an die leidenschaffende Natur einerseits und dem Postulat mönchischer Subjektivität andererseits – als Verweis auf die Defizienzerfahrung der Moderne begegnen.