Hinter dem Schleier des Beratungsgeheimnisses
Der Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des Bundesverfassungsgerichts
Uwe Kranenpohl
Als „ein deutsches Geheimnis“ bezeichnet Heinrich Wefing in seiner im Sommer 2009 in der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlichten Reportage das Bundesverfassungsgericht. Kein anderes Verfassungsorgan genieße vergleichbares Vertrauen, doch um so kurioser sei es, „dass fast nichts über dieses Gericht bekannt ist“ (Wefing 2009). Die vorliegende S- die, die im Sommer 2009 von der Philosophischen Fakultät der Universität Passau als Ha- litationsschrift angenommen wurde, soll einen Beitrag dazu leisten, die Vorgänge in Kar- ruhe transparenter zu machen und den ‘Schleier’ ein wenig zu lüften, der die Willensb- dungs- und Entscheidungsprozesse vor den Augen des Publikums verborgen hält. Dabei ist die Metapher des ‘Schleiers’ durchaus mit Bedacht gewählt. Denn Karlsruhe ist gerade keine klassische ‘black box’, über deren Innenleben nichts nach außen dringt, sondern die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts lassen bisweilen von sich aus einige wenige Einblicke in ihren Arbeitsprozess zu, etwa durch die Publikation von Sondervoten oder auch mitunter sehr umfangreichen Entscheidungsbegründungen. Auß- dem mag manchmal der eine oder andere Beobachter den Eindruck haben, durch den ‘Schleier des Beratungsgeheimnisses’ hindurch zumindest einen schemenhaften Eindruck der Vorgänge im Gericht erhaschen zu können.