Der polnische Hof im Blick der Zeremonialwissenschaft
Eine systemtheoretische Studie
Joanna Kodzik
Die im Zeremoniell aufgefassten Regeln der gegenseitigen Behandlung barocker Akteure wurden zu einer symbolischen Kommunikation stilisiert, die in ihrer Visualität qualitative Aussagen über die gesellschaftliche Zugehörigkeit und die hierarchische Anordnung der Menschen untereinander überlieferte. Der polnische königliche Hof war einer der Schauplätze, an welchem sich das Theatrum ceremoniale abspielte.
Die vorliegende Studie unternimmt den Versuch, den systembildenden Prozessen im Rahmen der polnischen höfischen Gesellschaft im 17. und am Anfang des 18. Jahr-hunderts, die sich im besonderen Code der Distanzen, Körper- und Gestensprache äußerten, nachzugehen. Aufbauend auf dem von den Zeremonialwissenschaftlern präsentierten Verständnis ihres Gegenstandes wird der polnische Hof hinsichtlich seiner Funktionalität im Sinne der Systemtheorie Talcott Parsons betrachtet. Quellengrundlage bieten hier hauptsächlich die Schriften von Zacharias Zwantzig, Gottfried Stieve, Johann Christian Lünig, Julius Bernhard von Rohr und das anonyme Ceremoniale Brandenburgicum. Einzelne Beispiele, welcher sich diese Drucke bedienten, stellten das angemessene Tractament der polnischen Adligen an diversen Orten in Polen-Litauen und an europäischen Höfen dar. Die Analyse der vorhandenen Texte nimmt sich vor, ein noch präziseres Bild des polnischen Hofes als System in Bezug auf die performativen Interaktionsmodelle der europäischen höfischen Gesellschaft im barocken Zeitalter darzustellen.