»Von nun an mußt du Geld verdienen«, sagt sich Eugen Rapp, als ihm, einem freien Schriftsteller in der Dachstube des elterlichen Hauses, nach der Währungsreform 1948 sein Erspartes zerrinnt.
Er wird Sekretär des kaum existenzfähigen Stuttgarter Kulturvereins und sitzt alsbald in einem Speicherraum des alten Theaters. Dies ist ein Job und kein Amt, tröstet sich und seine Frau der Schlechtbezahlte. Doch bald zeigt sich, daß Handlangepflichten und improvisatorisches Ingenium keine Grenzen kennen dürfen. Immerhin kehrt die Welt bei ihm ein, die Fauna seltener Gönner, zahlloser Bittsteller und eingeladener Redner. Auch wird Rapp zur Tagung der »Gruppe 47« eingeladen, muß sich auf den »elektrischen Stuhl« setzen, vorlesen und sich aburteilen lassen.
Wohl nie ist das literarische Pandämonium so genau geschildert worden. Die Bücher des sich keiner Richtung und keiner Mode anschließenden Rapp werden verramscht. Doch er gibt nicht auf: »Vielleicht war es die wahre Liebe, wenn er umsonst schrieb.«
Aktualisiert: 2023-06-26
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»Herbstlicht« knüpft unmittelbar dort an, wo der Leser des »Seltsamen Abschieds« sich von Eugen Rapp trennen mußte: in dem Moment, in dem er von dem heimatlichen Stuttgart nach München umzieht. Ein Neuanfang, obwohl ihm München nicht unbekannt ist. Dieser Aspekt des Vertrauten im Neuen und des Neuen im Vertrauten bezeichnet die Erfahrung des nunmehr 65jährigen Schriftstellers. Mit der souverän durchdringenden Kraft seines Erzählens entfaltet er ein Panorama der Sitten und Gebräuche des literarischen Deutschland der achtziger Jahre – und dies gelingt ihm, weil er über die Gabe verfügt, sowohl der Involvierte zu sein als auch der Außenstehende, der Sittenschilderer und der Naturmaler, wobei beides sich durchdringt und sich gegenseitig verstärkt.
Durch diese Verschränkung erhält die Ethnographie des Hermann Lenz eine besondere Tönung: Sie ist eingetaucht ins Herbstlicht, jenes Licht, das den Ereignissen und Gegenständen ihre Schärfe nimmt und sie in die Milde der Ironie taucht.
»Herbstlicht« ist der achte Band der autobiographischen Romanfolge »Vergangene Gegenwart«: »Verlassene Zimmer«, »Andere Tage«, »Neue Zeit«, »Tagebuch vom Überleben und Leben«, »Der Fremdling«, »Der Wanderer«, »Seltsamer Abschied«, »Herbstlicht« und »Freunde«.
Aktualisiert: 2023-06-26
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Aktualisiert: 2023-05-09
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Mit Texten von Gerhard Meier, Fotografien von Johannes Weber sowie Essays von Andreas Isenschmid, Hermann Lenz, Gertrud Leutenegger und Martin Zingg
Aktualisiert: 2023-05-04
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Hermann Lenz war der große Unzeitgemäße der deutschen Nachkriegsliteratur. In den Jahren, da es für Autoren Pflicht schien, eine politisch engagierte Zeitgenossenschaft unter Beweis zu stellen, beschäftigte er sich mit Stoffen, die um die Jahrhundertwende spielten und private Verhältnisse zu thematisieren schienen. Erst als Peter Handke über raschend für Lenz eintrat, änderte sich die Sichtweise auf ihn. Plötzlich erkannte man, daß die Folge der Eugen Rapp-Romane die genaueste Chronik des deutschen Alltagslebens im 20. Jahrhundert darstellte und daß der sanfte Eigensinn der Lenzschen Figuren eine subversive Kraft be saß, die Individualität des Einzelnen gegen die Vereinnahmungsversuche der Gesellschaft zu behaupten. Das Buch, das Handke zu seiner «Einladung, Hermann Lenz zu lesen» veranlaßte, war der 1972 erschienene Roman «Der Kutscher und der Wappenmaler». Es wurde zu dem Werk, das Lenz plötzlich bekannt machte. Seine Entstehung hatte eine lange Vorgeschichte, denn schon 1965 hatte Lenz eine erste Fassung geschrieben, die als Funk-Erzählung konzipiert war. Der Text war jedoch zu lang. Lenz traf die Ablehnung hart, denn es handelte sich um ein abgeschlossenes Werk im Umfang eines Buches. Vier Jahre vergingen, ehe Lenz daraus einen Roman von doppeltem Umfang machte. Wie so oft hat die Erstfassung jedoch den besonderen Reiz des Ursprünglichen. Die Handlung, die im publizierten Roman in Stuttgart spielt, ist an Örtlichkeiten angesiedelt, die eher an Wien erinnern. Die Figur des Wappenmalers tritt nur am Rande auf, während der Kutscher Kandl noch ganz im Mittelpunkt steht. Er führt in Gedanken hintersinnige Selbstgespräche, in die er auch gern sein Pferd mit einbezieht. Er registriert die verschiedenen Wetter- und Lichtstimmungen in den Straßen, studiert aus dem Augenwinkel die Charaktere seiner Fahrgäste und versucht sich gegen die Demütigungen zu wappnen, denen er in seiner subalternen Stellung ausgesetzt ist. Zugleich findet er jedoch ein inneres Glück darin, ein Leben im Beiseit zu führen – ohne den Anpassungsdruck der bürgerlichen Klassen. Ein typischer Lenz-Text, der die Selbstvergewisserungsversuche der Hauptfigur mit liebevollem Respekt nachzeichnet. Dem Text ist ein Essay von Norbert Hummelt beigegeben, der sich seit vielen Jahren mit dem Werk von Hermann Lenz beschäftigt.
Aktualisiert: 2020-08-17
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Peter Handke, der den »neben draußen« schreibenden Autor Hermann Lenz in den siebziger Jahren dem Publikum bekannt machte, hielt »Neue Zeit« für »poetischen Geschichtsunterricht«. Die »neue Zeit«, die Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, ist für Hermann Lenz‘ Alter Ego Eugen Rapp eine Zeit der Ausgrenzung, des äußeren Zwangs. Der Münchner Kunstgeschichtsstudent, schon bald verlobt mit Hanne Trautwein, muss 1940 als Soldat zunächst den »Frankreichfeldzug« mitmachen, danach wird er nach Russland kommandiert. Ihn rettet allein sein stoisches Verhalten: nur das zu tun, was ihm ausdrücklich befohlen wird.
»Neue Zeit«, 1975 zum ersten Mal erschienen, zählt zu den fesselnden Büchern innerhalb der Lenz'schen »Biographie des 20.Jahrhunderts«. Diese Ausgabe wird ergänzt durch bisher unbekannte Dokumente aus dem Nachlass von Hermann Lenz: Seine Verlobte und er haben sich während der zwölf Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft zahlreiche Briefe geschrieben: Eine Auswahl daraus, vorgenommen von Peter Hamm, beschließt den Band.
So wird das Romangeschehen in ein neues, persönliches, authentischen Licht gerückt.
Aktualisiert: 2023-04-05
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Aktualisiert: 2023-03-14
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Aktualisiert: 2023-04-15
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Vier Jahrzehnte lang, von 1953 bis 1994, haben sie sich Briefe geschrieben: Hans Bender und Hermann Lenz. Beide standen am Beginn ihrer literarischen Karriere. Das Besondere an dieser Korrespondenz: der eine, Hans Bender, war nicht nur Autor, er war auch von Anfang an Herausgeber, zunächst von Literaturzeitschriften, und er wollte Schriftsteller fördern, die er schätzte und von denen er glaubte, sie ständen zu Unrecht im Schatten. Zu ihnen gehörte von Anfang an Hermann Lenz. Der dankt es ihm mit Briefen, die Hans Bender besonders erfreuten, sah er sich doch nicht nur als Förderer und Herausgeber angesprochen, sondern als Schriftstellerkollege, dessen Kurzgeschichten Hermann Lenz bewunderte. So ist dieser Briefwechsel auch ein Dokument über die frühen Jahre zweier Schriftsteller, die längst ihren Platz in der deutschen Literaturgeschichte gefunden haben.
Aktualisiert: 2023-01-01
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Aktualisiert: 2023-03-28
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Der Roman »Die Begegnung« erschien 1979. Das Werk von Hermann Lenz wurde 1978 mit dem Büchner-Preis ausgezeichnet.
Wasik kehrt aus dem Ersten Weltkrieg zurück und ist wie zuvor Diener auf Schloß Schoeneben, als wäre alles beim alten geblieben. Unzufriedene und Gescheiterte beginnen mit ihrem Zerstörungswerk, das später, als Wasik fünfzig Jahre alt ist, triumphiert. Jetzt verliert er seine Stellung. Die Frau seines Herrn hilft ihm, denn diese Frau und ihr Sohn, den Wasik seit seiner Geburt kennt, sowie ein adliger Gutsbesitzer, stehen auf seiner Seite und gehören zu den ihm Gleichgesinnten. Trotzdem weiß er, der unverwundbar zu sein scheint, daß er sich letztlich nur auf sich selbst verlassen kann und daß sein eigener Bezirk - er heiratet spät - ein Zentrum ist, dessen Strahlungskraft ihn stärkt. Das Wissen, dem Zusammenhang der Natur verbunden zu sein, gehört zu seinem Leben und macht es ihm möglich, auf andere einzuwirken.
Was weit zurückliegt, löst sich im Licht auf, während das Naheliegende klar erkennbar bleibt: diese selbstverständliche Erfahrung bestimmt die Form dieses Romans, in dem sich die Veränderungen der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts wie in geologischen Schichten ablagern.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Mit dem von ihm geschaffenen Wort »nebendraußen« könnte man das Schreiben und Leben von Hermann Lenz charakterisieren. Eine solche Position ist die der Distanz und zugleich der Einfühlung. Und sie prägt die Erzählweise des gesamten Werks: die erste Publikation »Das stille Haus« im Jahre 1938; die zu einer Chronik des 20. Jahrhunderts sich ausweitende, bisher neunbändige Biographie des Alter ego des Autors, Eugen Rapp (von »verlassene Zimmer« über »Neue Zeit« bis »Freunde« aus dem Jahre 1997); Romane wie »Der Kutscher und der Wappenmaler« oder »Die Augen eines Dieners«. Drei Schichten, so hat Hermann Lenz selbst konstatiert, kann man in seinen Büchern unterscheiden, zwischen denen es zu ständigen »Verwerfungen« kommt: die präsente Gegenwart, die historisch gewordene Zeit und die Zeit des Traums. »Mir geht es beim Schreiben letzthin um etwas Immaterielles, und ich meine, es sollte, zumindest auf dem Papier und mit dem Zaubermittel der Wörter, möglich sein, hinter Geld, Beton, Blut und Schweiß jenen anderen Bezirk spürbar zu machen, den man früher ›das Metaphysische‹ genannt hat. Doch es sollte sich Licht ausbreiten zwischen den Wörtern, damit die Welt heller wird, wenigstens in den Büchern.«
Die von Erhard Eppler ausgewählten Texte aus dem Gesamtwerk präsentieren alle Facetten des erzählerischen Kosmos von Hermann Lenz und erneuern jenen Hinweis, den Peter Handke bereits 1973 an die Leser richtete: sie sind eine Einladung, Hermann Lenz zu lesen.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Im Zeitraum von zwanzig Jahren hat Hermann Lenz diese Trilogie geschrieben. Ein Schlüsselwort, eine Lenzsche Bezeichnung der würdigen, individuellen menschlichen Befindlichkeit schlechthin: »Der innere Bezirk« steht als Titel über diesem Werk, wie um darzutun, daß es zentrale Bedeutung hat.
Die drei Bücher des Romans sind einer Vater-Tochter-Beziehung gewidmet. Subtile Psychogramme, zeigen sie, wie weit menschliche Nähe gehen kann, wo sie, ungeachtet aller Zuneigung und Fürsorge, enden muß: vor den Grenzen des inneren Bezirks.
Aktualisiert: 2023-03-28
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»Herbstlicht« knüpft unmittelbar dort an, wo der Leser des »Seltsamen Abschieds« sich von Eugen Rapp trennen mußte: in dem Moment, in dem er von dem heimatlichen Stuttgart nach München umzieht. Ein Neuanfang, obwohl ihm München nicht unbekannt ist. Dieser Aspekt des Vertrauten im Neuen und des Neuen im Vertrauten bezeichnet die Erfahrung des nunmehr 65jährigen Schriftstellers. Mit der souverän durchdringenden Kraft seines Erzählens entfaltet er ein Panorama der Sitten und Gebräuche des literarischen Deutschland der achtziger Jahre – und dies gelingt ihm, weil er über die Gabe verfügt, sowohl der Involvierte zu sein als auch der Außenstehende, der Sittenschilderer und der Naturmaler, wobei beides sich durchdringt und sich gegenseitig verstärkt.
Durch diese Verschränkung erhält die Ethnographie des Hermann Lenz eine besondere Tönung: Sie ist eingetaucht ins Herbstlicht, jenes Licht, das den Ereignissen und Gegenständen ihre Schärfe nimmt und sie in die Milde der Ironie taucht.
»Herbstlicht« ist der achte Band der autobiographischen Romanfolge »Vergangene Gegenwart«: »Verlassene Zimmer«, »Andere Tage«, »Neue Zeit«, »Tagebuch vom Überleben und Leben«, »Der Fremdling«, »Der Wanderer«, »Seltsamer Abschied«, »Herbstlicht« und »Freunde«.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Auf die »Zwischenräume« kommt es einem der Protagonisten in Hermann Lenz᾿ neuer Erzählung, dem Maler Robert Roß, an. Bei seinen Bildern verleihen die Zwischenräume den Gegenständen ihre Form, lassen die Konstellationen zwischen ihnen hervortreten, aber auch das einzelne, so daß es von ihm in der Kunstwelt heißt, seine Bilder seien »zwar, was ihr Äußeres betraf, traditionalistisch oder konservativ gemalt, aber von innen her und durch die Farbschicht hindurch oder weil alle Wirkung ins einzelne und Kleine vertieft wurde, modern«.
Und indem Hermann Lenz, wie sein Protagonist, das einzelne und Kleine vertieft, läßt er ein Panorama unserer Zeit deutlich werden – mit all ihren Verlusten, aber auch den Momenten, die an vergangenes glückliches Leben erinnern und ein zukünftiges glückliches Leben bewahren.
Aktualisiert: 2023-03-28
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»Seltsamer Abschied« heißt der Bericht, der das Leben des »Abseitsstehers« Eugen Rapp in den siebziger Jahren erzählt.
Die Mutter Rapps stirbt. Zu diesem Schmerz tritt hinzu, daß der Schriftsteller aus dem Haus, in dem er 47 Jahre gelebt hat, ausziehen und Abschied nehmen muss von Stuttgart und dem Schwabenland. Als Sekretär des Schriftstellerverbandes wird er abgewählt. Er ist »unzeitgemäß«. Dies der zweite Abschied Eugens. Eine weitere Veränderung: er verliert seinen bisherigen Verleger. Mit dem sechzigsten Lebensjahr wird der Schriftsteller Rapp von einem jungen Kollegen einem breiten Publikum vorgestellt – er findet einen neuen Verleger und wird zu jenem bekannten, durch seine Sicht des Menschen, seinen besonderen Erzähl-Ton ausgezeichneten Autor, als der Hermann Lenz dem Leser seit langem vertraut ist.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Die »Einladung, Hermann Lenz zu lesen«, hat Peter Handke ausgesprochen und auf einen Autor hingewiesen, den Thomas Mann bereits 1953 als ein »originelles, träumerisch-kühnes und merkwürdiges Talent« gerühmt hat. Dieser Roman verfolgt über die Jahre 1910 bis 1935 die Entwicklung einer verehrungsvollen Freundschaft, die den Kutscher August Kandel mit dem Wappenmaler Fuchsberger verbindet, der für ihn zunächst die ›große Welt‹ und das ›andere Leben‹ repräsentiert. In eigenwilligen, impressiven Detailschilderungen wird die Geschichte einer Desillusionierung und Selbstfindung erzählt, unnachsichtig und präzise, mit Gelassenheit, Ruhe und kritischer Lebensklugheit.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Der eigenartige Titel geht auf ein spanisches Sprichwort zurück, das einen Menschen bezeichnet, der in einer ihm nicht gemäßen Umwelt leben muß.
Der Student der Germanistik Ludwig ist einundzwanzig Jahre alt und stammt aus geordneten bürgerlichen Verhältnissen. Angesichts dessen, was er in den beginnenden siebziger Jahren an der Universität und in der modernisierten Stadt vorfindet, beginnt er an seiner Befähigung zum Lehramt zu zweifeln. Er gerät in einen resignativen Privatismus. Das Alleinsein in der Umwelt ohne Artefakte, der Landschaft, die Wanderungen durch das historische, das museale Regensburg werden ihm zum Refugium.
Als ihm das Schicksal den Menschen zuspielt, »mit dem er sich versteht«, ist es eine junge Kriminelle. Auch sie - wenngleich aus anderen Gründen – also ein »Tintenfisch in der Garage«. Doch während sie in Ludwig den Vertreter einer heilen Welt sieht und ihre Lebensverhältnisse mir seiner Hilfe ändern möchte, will er die Partnerin lieber nicht wirklich kennen.
Lenz' Erzählung, die sich streckenweise wie eine Kampfansage gegen das »Heilige Jung- und Radikalsein« liest, ist in Wirklichkeit die schärfste Selbstbefragung dieses Autors und unmißverständliche Antwort.
Aktualisiert: 2023-03-28
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Der Wanderer: Das ist der wenig erfolgreiche, aber unbeirrbare Schriftsteller Eugen Rapp. Die Freiheit zu schreiben, die er sich nach Frontjahren und Kriegsgefangenschaft, in einer Zeit, da alle Welt mit dem Überleben beschäftigt war, zuerkannte, macht er noch immer geltend. Und mehr noch: die Freiheit, unzeitgemäß zu schreiben. Seine Lebensformen sind das Schreiben und Wandern.
Drei Wanderungen schildert Hermann Lenz. Es sind drei Strophen einer wunderbaren Melodie. Eines Hohenliedes des Waldes, das hoffentlich nicht bald schon zum Nachruf wird.
»Der Wanderer« ist der selbständige sechste Teil der autobiographischen Romanfolge »Verlassene Zimmer«, »Andere Tage«, »Neue Zeit«, »Tagebuch vom Überleben und Leben« und »Ein Fremdling«.
Aktualisiert: 2023-03-28
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In »Andere Tage« beobachtet die robustere, aber einfühlsame jüngere Schwester Eugen Rapps, des alter ego von Hermann Lenz, die Personen ihres bürgerlichen Lebenskreises und erfährt, wie durch die politischen Entwicklungen der ausgehenden Weimarer Zeit und die nationalsozialistische Machtübernahme die Einheit der Familie belastet wird. Diese Wahl der Perspektive – Kunstgriff des Autors, der seine eigene Sensibilität gleichsam erstaunt wahrnimmt und umso nachdrücklicher schildert – macht deutlich, wie aus der vom energischen Vater besorgt bemerkten Neigung des Sohns, am Leben nicht teilzunehmen, sondern zu schauen und zuzuschauen, eine moralisch-ästhetische Notwendigkeit entsteht. Der erfolglose Tübinger, Münchner und Heidelberger Theologie- und Kunststudent begibt sich auf die Suche nach dem ihm gemäßen Bezirk; die Dichtung hat er als die ihm gemäße Form der Evasion und der Bewahrung erkannt, aber er wagt noch nicht, sich zu ihr zu bekennen.
Aktualisiert: 2023-03-28
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