In westlichen Theorien der Moderne wurden außereuropäische Gesellschaften bisher vornehmlich als Objekte von Entwicklungsprozessen betrachtet. Zudem wurde der globale Interaktionszusammenhang, der westliche und nicht-westliche Gesellschaften verbindet, entweder weitgehend ausgeblendet oder auf die wirtschaftliche Dimension reduziert. In den indischen Sozialwissenschaften hingegen wird die Moderne vor dem Hintergrund der kolonialen Differenz, die als integrales Moment der Moderne gesehen wird, reflektiert. Sie wird mit Bezug auf die eigene Identitätsfindung analysiert, die sowohl auf vorkoloniale Traditionen rekurriert als auch die Verschränkung mit der europäischen Geschichte reflektiert. Die hier vorgestellten Beiträge zu Geschichte, Religion, Kultur, Wissensformen, zu Demokratie und Entwicklungsparadigmen, sowie zu Nationalismus, Rechtspluralismus und Gender in Indien suchen den Gegensatz zwischen traditionellen und modernen Gesellschaften zu überwinden. Diese Dichotomie wird durch die Idee einer gleichzeitigen, miteinander verknüpften Entwicklung unterschiedlicher Gesellschaften im Rahmen eines Konzepts der pluralen Moderne ersetzt. Zugleich werden die inhärenten Spannungen, Einseitigkeiten und Aporien dieser Artikulationen der Moderne thematisiert, die auch in den indischen Sozialwissenschaften kontrovers sind. Deutlich wird, dass die indische Moderne sich weder auf eine Nachahmung westlicher Ideen und Institutionen reduzieren lässt, noch ohne Verweis auf diese reflektiert werden kann. Zudem sind die europäischen Konfigurationen der Moderne ihrerseits ebenso als Motor wie als Ergebnis der kolonialen Verflechtung zu verstehen. Welche Folgen hat diese relationale Perspektive für den Reflexionshorizont westlicher Sozialwissenschaften im Umgang mit außereuropäischen Gesellschaften und speziell für eine Soziologie Indiens? Wie lässt sich die Verschränkung der verschiedenen Pfade in die Moderne denken? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für den Kulturvergleich?
Aktualisiert: 2020-11-16
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Der Vorlesungsband thematisiert die Frage nach Art und Qualität interkultureller, interreligiöser Übersetzungsprozesse: Von welcher Art ist das Wissen, das im öffentlichen Religionsdiskurs zugänglich gemacht wird, und welche Grundeinstellung kommt dabei zum Tragen? Überwiegen Information und Toleranz, oder dominieren Klischees und Vorurteile?
Die Beiträge diskutieren die Vermittlung von religionswissenschaftlichen Kenntnissen in Schulbüchern. Zudem werden unterschiedliche Medien mit Blick auf kontroverse Debatten oder medienwirksame Inszenierungen von Religionsgemeinschaften untersucht.
Aktualisiert: 2023-04-14
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(Wie) Sollten wir das politische, ethische und theoretische Selbstverständnis der Ethnologie zu einer Zeit neu formulieren, in der die globale Situation oftmals als eine der unüberwindlichen kulturellen Differenzen beschrieben wird und in der Alterität durch die Konstruktion neuer 'Feindbilder' zunehmend als Bedrohung erscheint? Wo sehen wir Anknüpfungspunkte für einen Dialog zwischen der Ethnologie und angrenzenden disziplinären Zugängen, bei denen die Auseinandersetzung mit dem Fremden eine ähnlich zentrale Rolle spielt? Können wir jenseits divergenter analytischer Perspektiven eine gemeinsame Basis ausmachen, auf deren Grundlage wir eine Auseinandersetzung mit uns selbst durch eine Beschäftigung mit der Fremde suchen?
Die Beiträge dieses Bandes nähern sich diesen Fragen an, indem sie sich in unterschiedlichster Form auf das Anliegen beziehen, das sich als Leitmotiv durch die Arbeiten von Ute Luig zieht: der Anspruch, eine wissenschaftliche Forschung zu betreiben, die sich zwischen den Koordinaten einer von postkolonialer Kritik geprägten Theorienbildung und dem Verstehen der eigenen Gesellschaft bewegt.
Die Metaphern der Spiegelung und der prismatischen Brechung veranschaulichen diesen spezifischen Umgang mit dem Fremden und der eigenen Kultur, der einen vielschichtigen Zugang zur ethnologischen Datengewinnung sowie zur theoretischen Reflexion und Theoriebildung ermöglicht.
Mit ihren Erörterungen in Bild und Wort möchten Freunde und Kollegen Ute Luig, ihr Lebenswerk und ihre Persönlichkeit als Forscherin und Lehrende anlässlich ihres 66. Geburtstag würdigen und ihren Dank zum Ausdruck bringen für die vielfältigen Inspirationen, die aus dem Dialog mit ihr und ihren Arbeiten entstanden.
Aktualisiert: 2022-03-14
Autor:
Helene Basu,
Heike Behrend,
Anne Brandstetter,
Elizabeth Colson,
Jean Comaroff,
Hansjörg Dilger,
Veit Erlmann,
Richard Faber,
Undine Frömming,
Martin Fuchs,
Gerhard Grohs,
Gerhard Hauck,
Gertrud Hüwelmeier,
Reinhart Kößler,
Antje Linkenbach,
Ernst W Müller,
Georg Pfeffer,
Peter Probst,
Judith Schlehe,
Hans-Dietrich Schultz,
Dorothea E Schulz,
Jochen Seebode,
Richard Werbner
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