Als von Frühjahr 1813 an, beginnend mit Preußen, die deutschen Territorien sich sukzessive von der französischen Herrschaft befreien und bis zum Sommer und Herbst des Jahres allmählich sich eine politisch-militärische Allianz gegen Napoleon formiert, wird all dies vielerorts publizistisch begleitet: in Berlin, in Altenburg und Leipzig, in Freiburg im Breisgau, in Koblenz, in Wien, ja die preußische Feldbuchdruckerei folgt der Armee der Alliierten nach dem Rheinübergang im Dezember 1813 sogar nach Frankreich bis zum Einzug in Paris. Gemeinsam ist diesen neu entstehenden, zwischen Zeitung und Zeitschrift changierenden deutschsprachigen Blättern, daß sie in den Freiräumen, die sich zeitweilig in den machtpolitisch unübersichtlichen Verhältnissen 1813–1815 gegenüber der Normalität von Zensur eröffnen, relativ spontan und meist kurzlebig diskontinuierliche Zeiterfahrung zu verschriften suchen und dabei mit der seriellen Normalität von Journal experimentieren. Was daraus für die typographische Materialität, die textuelle Kohärenz und für die Periodizität von Journal resultiert, läßt sich auf den Begriff einer Chronopoetik des ›Unregelmäßigen‹ bringen.
Solchen Inszenierungen von als unregelmäßig erfahrener Zeit durch performative Regelverstöße im Druckmedium selbst läßt sich analytisch adäquat nicht mit der Systematik einer wissenschaftlichen Abhandlung begegnen, ohne daß Wesentliches auf der Strecke bliebe. Die Konsequenz ist die Entscheidung für ein experimentelles: ein ›zeitungsförmiges‹ Buch.
Aktualisiert: 2022-09-15
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Aktualisiert: 2020-09-01
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Aktualisiert: 2020-09-01
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Aktualisiert: 2020-09-01
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Dieser Sammelband lotet die facettenreiche Praxis des Imitats, Zitats, Plagiats sowie der Herstellung von ‚Originalen‘ in Literatur und Kultur der Frühen Neuzeit aus. Die versammelten Fallstudien behandeln nicht nur Gegenstände germanistischer Literaturwissenschaft, sie bewegen sich auch auf dem Gebiet anderer Philologien sowie im Bereich von Malerei, Architektur und Druckgraphik. Ihr gemeinsames Anliegen ist, die Epoche der Frühen Neuzeit von ihr eigentümlichen Organisationsformen des künstlerischen Materials her in den Blick zu nehmen. So leistet der Band einen Beitrag zu einer Literatur- und Kulturgeschichte als einer Geschichte künstlerischer Verfahren. Auf einer beiliegenden CD ergänzt eine elektronische Edition der rekonstruierten Originalfassung des ‚Trophaeum Mariano-Cellense‘ den Band.
Aktualisiert: 2023-04-07
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»Sich einen Namen machen«, heißt es bei Lyotard, bedeutet nichts anderes als »Held einer Geschichte zu werden, die dazu geeignet ist, weitergetragen zu werden«. Es sind solche Geschichten, auf deren Spuren sich die Studie begibt. Sie führen unmittelbar in einen aufsehenerregenden Skandal um ›Wilhelm Meisters Wanderjahre‹, die 1821 doppelt erscheinen – einmal anonym, einmal unter Goethes wohlbekanntem Namen. Dieses publikationsgeschichtliche Kuriosum bildet den Ausgangspunkt für die vorliegende systematische Diskussion der Folgen und Funktionen von Namentlichkeit in der Literatur und ihrer Wissenschaft seit dem 19. Jahrhundert. Die um ›Anonymität‹ und ›Onymität‹ zentrierte Rekonstruktion der literaturkritischen Debatte zeigt, wie Autorname und Autorschaft Texten und ihrer Rezeption nicht äußerlich bleiben.
Aktualisiert: 2019-01-08
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Als 1731 der Verleger Johann Heinrich Zedler sein Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste auf dem Leipziger Buchmarkt zu etablieren sucht, beherrscht allenthalben der Vorwurf des 'Nachdrucks' den verlegerischen und kritischen Diskurs, wiewohl der inkriminierte Tatbestand (auch zeitgenössisch) plagium heißen müßte. Zedlers unter dem Decknamen der 'Musen' operierende Lexikon(ab)-schreiber realisieren das Universal-Lexicon aber nicht nur als ›großes, vollständiges Universal-Plagiat‹; bisweilen legen sie (jenseits ökonomischer Interessen) in pointierter Ostentation auch Zeugnis ab von dessen Zustandekommen. So besonders prominent 1740 im Artikel 'Nachdruck derer Bücher', der beinahe wörtlich eine gegen den ›Nachdruck‹ des Universal-Lexicons gerichtete Polemik ›nachdruckt‹ und derart gegen das eigene Textproduktionsverfahren Position bezieht.
1742 erscheint unter dem Titel Unpar-theyisches Bedenken, worinnen … bewiesen wird, daß der unbefugte Nachdrukprivilegirter und unprivilegirter Bücher Ein … infamer Diebstahl sey in 'Cölln / bey Peter Marteau' ein Text, der noch weiter geht, indem er sich aus dem 'Nachdruck derer Bücher' und dessen plagiierter Vorlage speist. Damit tut dieses denkbar unökonomischste aller Plagiate den Schritt vom plagiierten Original zum originalen Plagiat und spitzt dies in einer regelrecht systematischen Versuchsanordnung zu der Frage zu, wie aus plagiiertem Text originaler Text wird.
Die vorliegende Edition unternimmt es, diese in der schieren textuellen Performanz sich vollziehende Reflexion von Textproduktionsstrategien in doppelter Darbietung des Unpartheyischen Bedenkens offenzulegen: im Faksimile nach dem Exemplar der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover, und in einer die Prätexte buchstabengenau kenntlich machenden Neuedition. Deren (prä)textuelle Resultate werden im Stellenkommentar insbesondere juristisch kontextualisiert, in der Einleitung mit Blick auf den systematischen Konnex von Plagiats- und Originalitätsdiskurs in übergreifende Deutungszusammenhänge gestellt.
Aktualisiert: 2020-01-21
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Folgt man weiten Teilen der Forschung, scheint sich die Buchförmigkeit von Literatur von selbst zu verstehen. Dabei werden literarische Texte seit der Medienrevolution des 18. Jahrhunderts, zumal im Bereich der Erzählliteratur, dominant in einer anderen Veröffentlichungsform erstpubliziert und rezipiert: im Journal, d.h. in Literaturzeitschriften, Unterhaltungs- und illustrierten Familienblättern, in Tageszeitungen und anderen periodischen Publikationsformen. Der gänzlich differente mediale Aggregatzustand, in dem Literatur unter den Formatbedingungen des Journals lieferungsweise, unabgeschlossen, in der Fläche der Zeitschriften- oder Zeitungsseite neben, über, unter anderen (Fortsetzungs-)Texten erscheint, bleibt ihr nicht äußerlich, sondern konditioniert vielmehr in spezifischer Weise ihre zeitgenössische Rezeption. Das betrifft nicht nur vergessene oder als zweitrangig abgewertete Texte, sondern gerade einen erheblichen Teil der (noch nicht durch Kanonisierung medial isolierten) ›Werke der Hochliteratur‹ und hat eine in ihrem strukturbildenden Potential erst noch zu entdeckende Vorgeschichte, die bis zu den Moralischen Wochenschriften zurückreicht.
Der vorliegende Band versammelt Beiträge, die terra incognita aus germanistischer Sicht in einem Werkstattgespräch an der Ruhr-Universität Bochum im Mai 2012 exemplarisch zu erkunden unternommen haben und sich als Vorstudien zu einem größeren Forschungsprojekt zur Journalliteratur begreifen.
Aktualisiert: 2023-02-13
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