101 Nachkriegsnächte
Leben und Liebe zwischen Fiktion und Realität
Hans J. Unsoeld
Kriegserfahrungen an nachfolgende Generationen weiterzugeben, sollte hohe Priorität haben, um künftige Konflikte zu vermeiden. Die unmittelbar nachfolgende Generation steht ihren Eltern oft sehr kritisch gegenüber und verdeckt mit Schuldzuweisungen die eigentliche Problematik, so dass die Weitergabe solcher Erfahrungen an die Enkelgeneration erhöhte Wichtigkeit bekommt. Das ist nicht einfach eine Frage von Information, welche verbal oder heute eher audiovisuell vermittelt werden kann, sondern beinhaltet vor allem tiefe Emotionen in allen Bereichen menschlicher Auseinandersetzung. Diese lassen sich intellektuell in ihren komplexen Wechselwirkungen nur beschränkt begreifen.
Die unkonventionelle Ansicht, dass trotz des großen Altersunterschiedes Sexualität hier noch eine wichtige Rolle spielen kann, ist konfliktreich. Tabuisierungen behindern die menschliche Kommunikation mit Eltern und Großeltern in voller Breite. Die zögerlich hier und da erfolgende Auseinandersetzung, vor allem junger Frauen, mit der bisweilen noch erstaunlich fitten vorletzten Generation, kann heutzutage durchaus eine sexuelle Beziehung mit großem Altersunterschied einschließen, sogar eine schöne und spannende, und so in viel tiefere Zonen vorstoßen.
Während die orientalische Sammlung 1001 Nacht eine eher auf wahren Begebenheiten beruhende Rahmenerzählung mit eingelagerten fiktiven Märchen ist, besteht dieses Buch umgekehrt aus einer weitgehend fiktiven Rahmenhandlung, in welche jedoch nur 101 autobiografische, also wahre Erzählungen eingelagert sind. Der neugierige Leser kann sich auf Entdeckungsreise begeben, wo sich Fiktion und Realität einander treffen und wo sie völlig divergieren. Thematisch angesiedelt zwischen B. Schlinks „Der Vorleser“ und Ch. Roche’s „Feuchtgebieten“, zwischen „Casanova“ und besagten „Märchen aus 1001 Nacht“, erhebt es nicht deren literarische Ansprüche, sondern fühlt sich eher H.G. Wells darin verpflichtet, vor allem die wesentlich erscheinenden Ideen vermitteln zu wollen, ohne ideologisch zu sein. Sowohl die Fiktion als auch das reale Erleben können wichtige Einsichten vermitteln. Das vollständige Bild ergibt sich erst aus beiden zusammen.
Die vorliegende zweite Edition wurde in sachlicher und stilistischer Hinsicht 2016 revidiert, umfasst aber inhaltlich weiterhin nur die Jahre bis 2009. Die Folgejahre fanden in weiteren Büchern ihren Niederschlag.