Andacht – Repräsentation – Gelehrsamkeit
Der Bußpsalmencodex Albrechts V. (BSB München, Mus.ms. A)
Andrea Gottdang, Bernhold Schmid
Der bayerische Herzog Albrecht V. ließ zwischen 1558 und 1570 eine prächtig illuminierte Handschrift anfertigen, die heute zu den größten Schätzen der Bayerischen Staatsbibliothek gehört. Der Codex enthält den Text und die Komposition der Bußpsalmen von Orlando di Lasso. Der Münchner Maler Hans Mielich illustrierte jede der über 400 Seiten, zudem verfasste der Gelehrte Samuel Quicchelberg Erläuterungen zum Text und den Abbildungen. Die im Codex vereinigten Medien Bild und Musik dienen zusammen mit Quicchelbergs Kommentar der Ausdeutung der Psalmtexte. Entstanden ist ein „Gesamtkunstwerk“, das dem Konzept nach mehrere Funktionen erfüllt: Als Musikhandschrift, als Repräsentationsobjekt, als Enzyklopädie (die Abbildungen erschließen vielerlei Wissenbereiche) und als Andachtsbuch, das ein klares Bekenntnis zum katholischen Glauben ablegt.
Der von Andrea Gottdang und Bernhold Schmid herausgegebene Band vereinigt Beiträge von Expert*innen der Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Theologie, der lateinischen Philologie und der bayerischen Geschichte, die die diversen Funktionen und die komplexen ikonographischen Programme des Bußpsalmencodex beleuchten. Denn mit dieser wohl schönsten Musikhandschrift der Welt liegt ein kunst- und kulturgeschichtliches Dokument ersten Ranges vor, das den gesamten Gedankenkosmos eines katholischen Herrschers des 16. Jahrhunderts erschließen lässt.