Anna Göldi – geliebt, verteufelt, enthauptet
Der letzte Hexenprozess und die Entdämonisierung der Frau
Walter Hauser
Im neuen Anna-Göldi-Buch spielt der Churer Priester und Teufelsaustreiber Johann Joseph Gassner eine einflussreiche Rolle. Die von ihm entfachte Satans-Hysterie befeuerte die letzten europäischen Hexenprozesse: 1775 im süddeutschen Kempten, 1779 im bündnerischen Tinizong und 1782 in Glarus. Zwischen diesen drei Prozessen gibt es deutliche Unterschiede, aber auch interessante Gemeinsamkeiten.
Der Göldi-Hexenprozess wurde zu einem der allerersten großen «Whistleblowing»-Fälle in Europa. Die öffentliche Debatte, welche die Publikation geheimer Prozessdokumente entfachte, hatte eine heilsame Wirkung. Sie ebnete den Weg zu einer vom Dämonenglauben befreiten Strafjustiz und besiegelte das Ende der Hexenverfolgung, die in erster Linie eine Frauenverfolgung war. Was heute fast schon vergessen ist: Während Jahrhunderten wurden Frauen im christlichen Europa kriminalisiert und dämonisiert, als Übeltäterinnen und natürliche Verbündete des Teufels.
Als Jurist zeigt Walter Hauser die zeitgeschichtlichen und rechtlichen Zusammenhänge des Anna-Göldi-Prozesses auf. Als Journalist vermittelt er die dramatische und mysteriöse Schicksalsgeschichte der Magd, die durch das Schwert hingerichtet und 2008 durch das glarnerische Parlament rehabilitiert wurde. Eine Geschichte, die bis heute bewegt, aufrüttelt, polarisiert.