Asket und Eschaton
Das Endzeitbuch des Šuḇhalmaran von Kirkuk
Matthias Binder
„Apostolische Kirche des Ostens“ bezeichnet jene Kirche, die auf dem Boden des antiken persischen Großreichs ihre Ausbreitung und eigene Gestalt fand. Eine entscheidende Phase dieser Gestaltfindung stellen die Krisenjahre des frühen 7. Jahrhunderts dar: Auf ihrem Höhepunkt kam es 612 zur Formulierung eines christologischen Bekenntnisses, welches für diese Kirche charakteristisch geblieben ist.
Die vorliegende Studie befasst sich mit der These, dass Šuḇhalmaran von Kirkuk, einer der damals beteiligten Bischöfe, diese Ereignisse in seinem „Endzeitbuch“ verarbeitete. Bei diesem Buch (ediert 2004 von David J. Lane als Book of Gifts, Teil 6) handelt es sich um einen lange unberücksichtigten altsyrischen Text, der nun erstmals wissenschaftlich bearbeitet wurde. Innerhalb der Studie wird der oft widersprüchlichen Chronistik eine eigene Deutung der religionspolitischen Ausgangslage gegenübergestellt. Ferner wird das „Endzeitbuch“ in Relation gesetzt zur zeitgenössischen Mönchsreform und Mystik sowie zur Apokalyptik und vor allem zur christologischen Debatte. An Einzelmotiven sind Antichrist und Elia, das Braut-Christi-Motiv und die psychologisierende Höllendarstellung hervorzuheben. Einige bislang unbekannte Fragmente werden isoliert, darunter ein apokalyptischer pseudo-clementinischer Text. Eine deutsche Übersetzung ist beigefügt.