Brüderlichkeit und Bruderzwist
Mediale Inszenierungen des Aufbaus und des Niedergangs politischer Gemeinschaften in Ost- und Südosteuropa
Davor Beganović, Anna Bohn, Milka Car, Ivan Čolović, Dittmar Dahlmann, Jan Dutoit, Jean-Claude Fombaron, Ruza Fotiadis, Aida Gavric, Anke Hilbrenner, Aleksandar Jakir, Bohunka Kokleksová, Mirt Komel, Claudia Kraft, Kristin Lindemann, Renata Makarska, Nenad Makuljevic, Katarina Mohar, Julia Obertreis, Tatjana Petzer, Milan Popadic, Boris Previsic Mongelli, Jan Randák, Andrea Rehling, Ljiljana Reinkowski, Stefan Rohdewald, Frithjof Benjamin Schenk, Manuela Schwärzler, Tatjana Simeunovic, Stefan Troebst, Jugoslav Vlahovic, Christian Voss, Katrin Winkler, Dmitri Zakharine, Tanja Zimmermann, Andrea Zink
Wenn man in der Vergangenheit unterschiedliche soziale Schichten, religiöse Glaubensgemeinschaften, Ethnien oder Nationen in einer politischen Bewegung oder in einem Staat vereinen wollte, appellierte man an deren vermeintliche »Brüderlichkeit«. Man berief sich auf übergeordnete Gemeinsamkeiten und rief verschiedene Traditionen auf den Plan: vom frühen Christentum zum Kommunismus, von geheimen Vereinigungen zu proletarischen Bünden und Partisanenverbänden, von Blutsbruderschaft (pobratimstvo) zu multinationalen Staaten (Sowjetunion, Tschechoslowakei, Jugoslawien), vom Panslawismus in allen seien Ausprägungen zu Titos »drittem Weg«. In Rhetorik und medialer Inszenierung reichte die Spannbreite von der Verpflichtung auf metaphorische Bruderliebe bis zur buchstäblichen Vereinnahmung durch Gemeinschaften, die als erpresserischer Familienclan auftraten und ihre politischen Ziele durch Biopolitik und Rassismus umsetzten.Die Beiträge zeichnen die Möglichkeiten der Integration und der Identitätsfindung nach, die den einzelnen Religionsgemeinschaften, Ethnien oder Nationen angeboten wurden. Besonderes Augenmerk liegt auf dem medialen Aufbau einheitsstiftender Symbole und Narrative. Obwohl die Tschechoslowakei und Jugoslawien im Vordergrund stehen, werden auch Querverbindungen zur Sowjetunion bzw. zum postkommunistischem Russland sowie zu anderen Ländern und Nationen, die als Brüder vereinnahmt wurden, hergestellt.