Churer Weltgerichtsspiel
Nach der Handschrift des Staatsarchivs Graubünden Chur Ms. B 1521
Ursula Schulze
Die Edition des Churer Weltgerichtsspiels macht den vollständigen Text eines 1517 in Chur aufgeführten geistlichen Dramas erstmals zugänglich. Es handelt sich um die erweiterte Bearbeitung eines in der Schweiz entstandenen und im 15. Jahrhundert mehrfach überlieferten Spiels, das die Szenerie des Jüngsten Gerichts ins Zentrum rückt. Im Vergleich zu den verwandten bisher publizierten Weltgerichtsspielen stellt es einen erweiterten Formtyp dar. Es markiert mit allegorischen Figuren und Szenen eine besondere Station in der Geschichte des geistlichen Dramas und weist auf spätere Dramenformen des 16. Jahrhunderts voraus. Eine Einleitung beschreibt die Eigenarten des Churer Spiels und ordnet es in die Tradition der Weltgerichtsspiele ein. Dem Textverständnis dienen kommentierende Anmerkungen und Sacherklärungen. Auch Verweise auf Voraussetzungen und Traditionszusammenhänge eschatologischer Vorstellungen und Motive fehlen nicht. Der handschriftennah wiedergegebene Text kann als dramatische Form zwischen geistlichem Spiel und Moralität, als Gestaltung eines eschatologischen Themas, als Zeugnis heilsdidaktischer Praxis und als schreibsprachliches Dokument betrachtet werden.