Das Hanselfingerhut-Spiel in Forst
Ethnografisches Portrait und kulturhistorische Rekonstruktion eines Brauchs
Thomas Schneider, Mirko Uhlig
Forst an der Weinstraße – bekannt ist der Ort in der Pfalz vor allem aufgrund seiner Weißweine. Darüber hinaus wird – abgesehen von der coronabedingten Unterbrechung – in Forst jedes Jahr vor Ostern das Hanselfingerhut-Spiel aufgeführt. Überregionale Bekanntheit erlangte der Brauch, als er 2016 in das „Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe“ der UNESCO aufgenommen wurde.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde die lokale Brauchpraxis mit Filmkameras begleitet und die Genese des Brauchs sowie seine kulturpolitische Aushandlung aus kulturwissenschaftlicher Perspektive analysiert. Während der ethnografische Film „Schwarze Küsse, Weißweinschorle“ (48 Minuten; Download-Link im Buch) die Menschen portraitiert, die den Brauch vorbereiten und ausüben, liegt der Schwerpunkt der schriftlichen AuseinanderSetzung auf einer kulturhistorischen Rekonstruktion der Ursprungserzählung, wie sie in Forst gepflegt, von den Medien reproduziert und, im Kontext des Kulturerbe-Prädikats, auch von der Deutschen UNESCO-Kommission nobilitiert wird.
Die Mikroanalyse verweist auf größere zeitliche, räumliche und soziale Zusammenhänge und macht sie am Fallbeispiel Forst verständlich. Die Rekonstruktion zeigt auf, welche Akteur:innen in die Entwicklung des Brauchs seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert involviert waren und welche Einflussfaktoren die Entwicklung Brauchkomplexes beförderten.