Das Komplimentierbuch
Entwicklung und Kontexte einer vermittelnden Gattung
Cathrin Hesselink
Das Komplimentierbuch kann als Vorläufer der modernen Formen der Knigge-Bücher gelten: Es versammelte Anleitungen zum höflichen Umgang in gehobener Gesellschaft. In gebildeten Kreisen war es früh als schablonenhafte Anleitung für aufstiegswillige, machthungrige und opportunistische Wendehälse in Verruf geraten. Dennoch wurden von 1643 bis etwa 1900 Gattungsvertreter herausgegeben.
Was machte diese Gattung aus, die bis in die 1980er Jahre von der Forschung moralisch abgelehnt wurde? Welche Entwicklungen durchliefen das Kompliment und das Komplimentierbuch im Verlauf der gut 250 Jahre Gattungsgeschichte? Welche Einflüsse hatten soziostrukturelle, rhetorische und moralische Entwicklungen auf die Ausgestaltung der Komplimentierbücher?
Lange herrschte in der Forschung die Meinung vor, dass das Komplimentierbuch sich in enger Abhängigkeit von dem Aufstieg des Bürgertums und der Aufweichung von Standesgrenzen umgestaltete. Diese Studie zeigt, dass die Komplimentierbücher trotz eigener Aktualitätsbekundungen über weite Zeiträume hinweg nahezu unverändert neu aufgelegt wurden – und sich verkaufen ließen.