Das Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
Beiträge zur musikalischen Bildung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Beate Hennenberg
In diesem Buch wird anhand eingehender Archivstudien ein bisher weitgehend unbekanntes Kapitel der Wiener Musikgeschichte erhellt: Die Frühgeschichte des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde – des Vorgängers der heutigen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien – bietet das fesselnde Bild einer zielstrebigen kulturellen Aufbauarbeit, aber auch von Machtkämpfen und Intrigen. Die Ursprünge liegen im Zusammenschluss musizierfreudiger Dilettanten in einem Musikverein. Als ihren „Hauptzweck“ erklärte die Gesellschaft der Musikfreunde 1814 die Einrichtung eines Konservatoriums.
Die Bildung von Musikvereinen mit angeschlossenen Konservatorien lag im Zuge der Zeit. Damit sollte nicht nur auf eine Verbesserung der handwerklichen Ausbildung, sondern auch auf eine emotionale Vertiefung und Geschmacksbildung abgezielt werden. Die Frühgeschichte des Konservatoriums der „Gesellschaft der Musikfreunde“ zeigt den starken Einfluss der musikgebildeten Dilettanten, die entscheidende Leitungspositionen besetzen und wesentlich den Lehrplan bestimmen. Doch führte dies auch zu Reibungen mit dem Lehrpersonal, und im Verlauf der Entwicklung erwies sich eine Professionalisierung als nötig.
Die vorliegende Arbeit unterbreitet fesselnde Porträts der Protagonisten Antonio Salieri, Joseph Sonnleithner, Ignaz v. Mosel, Raphael Georg Kiesewetter, Vinzenz Hauschka, Eduard Freiherr v. Lannoy und Johann Vesque v. Püttlingen. Auch wird dem Einfluß von Schriftstellern wie Franz Grillparzer und Ignaz Franz Castelli nachgespürt. Aus dem Lehrpersonal sind wichtige Zentralfiguren wie Anna Fröhlich, Joseph Böhm, Georg Hellmesberger, Joseph Sellner, Laurenz Weiß, Joseph Fischhof, Gottfried Preyer und Salomon Sulzer hervorgehoben. Es wird über die Lehrpläne referiert, der Personalstand in seinen Veränderungen verfolgt und das Procedere der Prüfungen beschrieben. Die Entwicklung des Konservatoriums wird in die Zeit- und Sozialgeschichte gestellt. Die Gründung ist auch durch die politische Aufbruchsstimmung zur Zeit der napoleonischen Bedrohung motiviert. Als sich finanzielle Gefahren abzeichnen, können sie durch Subskriptionen und die Hilfe des Kaiserhauses abgewendet werden. Doch wurden bei den Behörden auch kritische Stimmen laut, die Unprofessionalität und eine Überbürokratisierung tadelten.
Die Ereignisse des Jahres 1848 erzwangen eine zeitweilige Schließung des Konservatoriums. Etliche Mitglieder waren in die Ereignisse involviert, gerieten in den Zwiespalt zwischen Kritik am Bestehenden und radikalen Umsturz und wählten die Anpassung. Mit der Wiedereröffnung des Konservatoriums 1851 war eine einschneidende Neuorganisierung verbunden.
In den Schlusskapiteln werden systematisch die verschiedenen Lehrfächer dargestellt. Bisher unbekannte Lehrschriften werden analysiert und prominente Absolventen vorgestellt. Die eminente Bedeutung des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde nicht nur für die Wiener Musikgeschichte, sondern überhaupt für die Geschichte der Musikausbildung tritt hervor.