Der Kraichgau
Facetten der Geschichte einer Landschaft
Kurt Andermann, Christian Wieland
Zwischen Schwarzwald und Odenwald gelegen, war der Kraichgau zur Zeit des Alten Reiches herrschaftlich stark zersplittert und ist infolgedessen noch heute geprägt von einem großen kulturlandschaftlichen Reichtum. Indes bildete er eine „Landschaft“ nur in eingeschränktem Sinn, denn sowohl in administrativer als auch in wirtschaftlicher und geistlich-religiöser Hinsicht war er fragmentiert und von verschiedenen anderen „Landschaften“ überlagert. Daß er gleichwohl eine bis auf den heutigen Tag lebendige regionale Identität gewann, ist vor allem auf den ritterschaftlichen Adel zurückzuführen. Dieser fand im 16. Jahrhundert in dem den ganzen Raum umfassenden Kanton Kraichgau der schwäbischen Reichsritterschaft zusammen und gewann mit seinem daraus resultierenden Selbstverständnis nicht zuletzt Einfluß auf Literatur und Historiographie.
Am Anfang des Buches stehen eine kulturgeographische Betrachtung und eine Analyse der literarischen Verherrlichung des Kraichgaus durch einen humanistischen Gelehrten, gefolgt vom Blick auf wirtschaftliche Strukturen und Praktiken, Untersuchungen zu den sozialen und soziopolitischen Beziehungen des Adels sowie Betrachtungen zu den kultischen respektive religiösen Dimensionen der Landschaft. Dabei wird deutlich, in welch hohem Maß eine Landschaftsbezeichnung im historischen Wandel, aber auch während eines gegebenen Zeitraums unbestimmt sein kann.