Dichter für das »Dritte Reich«
Biografische Studien zum Verhältnis von Literatur und Ideologie. 10 Autorenporträts und eine Skizze über die Deutsche Akademie für Bildung und Kultur
Rolf Düsterberg, Roland Gerendt, Nikola Götzl, Isabelle Helmke, Kinga Jaschke, Janina Joram, Anna Maria Klumparendt, Ann-Christin Lübker, Mattes Schmerdtmann, Judith Schnittger, lisa wilke, Julia Zarfl
Im „Dritten Reich“ wurden über 500 Schriftsteller und gut 60 Schriftstellerinnen mit einem Literaturpreis ausgezeichnet, viele unter ihnen mehrfach. Derartige Ehrungen sollten die vor allem regimekonforme Dichter fördern und mit Prestige ausstatten sowie die völkische Literaturauffassung in der Öffentlichkeit als die einzig gültige beglaubigen. Neun der im fünften Band der Reihe Dichter für das „Dritte Reich“ präsentierten zehn Schriftsteller waren Preisträger, darunter die 22-jährige Lyrikerin und schwärmerische Nationalsozialistin Elisabeth Effenberger und die junge Romanautorin Annemarie Fromme-Bechem, die sich beide in der NS-Frauenschaft engagierten. Margarete Weinhandl allerdings wurde nicht ausgezeichnet; gleichwohl war sie eine fanatische Parteifunktionärin, die auch zahlreiche politische Schriften verfasste – ähnlich wie Hannes Kremer, hochrangiger Mitarbeiter der Reichspropagandaleitung, der sich als Verfechter des rassischen Vernichtungskampfes gerierte und dessen Prosatexte Auflagen bis zu 330.000 Exemplaren erreichten. Während der Bühnenautor Fritz Helke als „oberster Zensor der Reichsjugendführung“ zu einem der wichtigsten Akteure in der Jugendliteraturpolitik des Regimes avancierte, kämpfte der Sudentendeutsche Bruno Nowak mit seinen Jugendbüchern gegen die, in seinen Augen, minderwertigen slawischen Tschechen. Otto Erler propagierte in seinen vielgespielten Dramen den angeblichen Zusammenhang von Rasse und Religion. Max Stebich hingegen hatte als Dichter zwischen Austrofaschismus und Nationalsozialismus um seine Anerkennung als glaubwürdiger Parteigenosse zu kämpfen, derweil sein Landsmann Karl Schönherr, damals eine Berühmtheit unter den deutschsprachigen Bühnendichtern, mit seinem Schauspiel Die Fahne hoch den „Anschluss“ an das Deutsche Reich feierte und überhaupt – trotz seiner jüdischen Ehefrau – Positionen vertrat, die mit der sozialdarwinistischen Blutsideologie des Regimes kompatibel waren. Der in den 1920er Jahren überaus prominente Schriftsteller und Journalist Hermann Stegemann verließ um die Jahrhundertwende seine rheinisch-moselländische Heimat, ließ sich in der Schweiz naturalisieren und wandelte sich vom nationalliberalen zum völkischen Autor, der im „Dritten Reich“ den Höhepunkt seines publizistischen Erfolges erlebte.
Die Autorinnen und Autoren hatten, sofern sie überlebten, nach dem Krieg keine nachhaltigen Konsequenzen zu gewärtigen; im Gegenteil konnten sie ihr bürgerliches Leben, oft auch ihre literarische Karriere ungehindert, im Einzelfall sogar äußerst erfolgreich fortsetzen – etwa in der Deutschen Akademie für Bildung und Kultur. Der letzte Beitrag dieses Bandes nimmt erstmals diese weithin unbekannte elitäre Suborganisation des rechtsextremen Deutschen Kulturwerks Europäischen Geistes in den Blick.