Die angemessene Gegenleistung nach § 31 Abs. 1 WpÜG im Lichte des Verfassungsrechts.
Zugleich ein Beitrag zur Bedeutung des Eigentumsgrundrechts im Gesellschaftsrecht.
Michael Jünemann
Eine angemessene Gegenleistung muss bei öffentlichen Übernahmen börsennotierter Gesellschaften geboten werden. Michael Jünemann erörtert § 31 WpÜG und seine verfassungsrechtlichen Grundlagen. Der Autor arbeitet weit über die Norm hinaus systematische Eckpfeiler des Eigentumsgrundrechts so klar heraus, dass eine rationale Grundlage für die Bewertung von Strukturmaßnahmen im Allgemeinen (Unternehmensverträgen, Umwandlungen etc.) gewonnen wird.
Durch eine Aufarbeitung der Rechtsprechung dringt er zum Kern der Mitgliedschaft vor: (Mit-)Verwaltungsrechte stellen letztlich den eigentlichen Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG im Gesellschaftsrecht dar. Deren Beschränkung erfordert im Wege der Drittwirkung eine angemessene Entschädigung. Aus dem Grundrecht folgt ein Eigentumswertschutz gerade nicht, sondern das Untermaßverbot verlangt die Gewährung eines gewissen Maßes an Bestandsschutz. Auch die einzelne Aktie stellt demnach entgegen der Macrotron-Entscheidung des Bundesgerichtshofes mehr als ein Investment dar.
Soweit also eine Beschlusskontrolle gesetzlich auf eine Angemessenheitskontrolle im Spruchverfahren begrenzt ist, mündet dies in ein Meistbegünstigungsprinzip: Entschädigungen orientieren sich grundsätzlich am höchsten vernünftigerweise zu erwartenden Wert aus Börsenkurs, Unternehmensbewertung und Vor-/Nebenerwerbspreis, da dies wirtschaftlich motivierten Bestandsschutz bietet.
§ 31 WpÜG fußt jedoch nicht auf dem Eigentumsgrundrecht: Kontrollwechsel berühren (Mit-)Verwaltungsrechte nicht und Eigentum des Gesellschafters an einer Börsennotierung besteht nicht. Die Vorschrift bezieht ihre Ratio vornehmlich aus den verschiedenen dargestellten Kapitalmarkttheorien.