Die DDR im Blick der Stasi 1970
Die geheimen Berichte an die SED-Führung
Ronny Heidenreich
Das Jahr 1970 stand ganz im Zeichen der deutsch-deutschen Annäherung: Bundeskanzler Willy Brandt besuchte Erfurt, DDR-Regierungschef Willi Stoph reiste nach Kassel. Während sich die SED eine internationale Aufwertung von den Treffen erwartete, die Staatssicherheit vor den Folgen solch »westlicher Einflussnahme« warnte, erwartete die DDR-Bevölkerung vor allem eins – eine Durchlässigkeit der Mauer.
Die ZAIG-Berichte spiegeln diese unterschiedlichen Erwartungshaltungen eindrücklich wider. Sie zeigen, dass das MfS auch zwanzig Jahre nach seiner Gründung für die Herrschaftssicherung der SED zentral blieb. Auch deshalb, weil im Schatten dieser Ereignisse die Stasi-Berichte Wirtschaftsprobleme und eine sich ständig verschlechternde Versorgungslage andeuten. In Polen trat wegen ähnlicher Problemlagen im gleichen Jahr ein Teil der Parteiführung zurück. In der DDR läuteten sie das Ende der Herrschaft des SED-Chefs Walter Ulbricht ein.