Die interessengerechte Nachfolge in der Familien-GmbH
Sebastian Löcherbach
Der Gesetzgeber hat die GmbH als typische Kapitalgesellschaft konzipiert. In der Praxis wird sie aber weitgehend wie eine Personengesellschaft ausgestaltet. In den meisten Fällen handelt es sich somit um Gesellschaften, die zwar in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft agieren, ihre interne Struktur aber gleichwohl – soweit möglich – personalistisch ausgestaltet wird. Im Zentrum steht nicht die anonyme Kapitalbeteiligung, sondern vielmehr die Person des Gesellschafters. Vor diesem Hintergrund geht der Autor der Frage nach, ob und inwieweit die Nachfolge in einer solchen streng personalistischen GmbH durch entsprechende Gestaltung „interessengerecht“ erfolgen kann. Die „Familien-GmbH“ als Forschungsobjekt ist durch ein besonderes Charakteristikum gekennzeichnet, nämlich die besonders enge Verbindung einer Familie zu „ihrer“ GmbH. Damit berührt das im Gesellschaftsrecht angesiedelte Thema auch Elemente des Erb- und des Steuerrechts und greift zugleich Erkenntnisse der Soziologie bzw. der Psychologie auf. Die Darstellung der gesetzlichen Regelungen in Bezug auf den Tod eines (GmbH-)Gesellschafters erfolgt insbesondere mit Blick auf die durch das MoMiG eingeführten Aufwertung der Gesellschafterliste und der nunmehr möglichen Vorratsteilung von Geschäftsanteilen. Aus Erbensicht wird speziell die Neufassung von § 16 Abs. 1 GmbHG einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unterzogen. Anschließend werden die typischen Interessen der am Nachfolgeprozess beteiligten Personen aufbereitet. Im Mittelpunkt stehen sowohl gesellschaftsinterne (unternehmensbezogene) als auch gesellschaftsexterne (familienbezogene) Interessen. Ausgehend von den gewonnenen Erkenntnissen wird dann hinterfragt, ob die in der Praxis als „gängig“ angesehenen Einziehungs- und Abtretungsklauseln im Falle des Todes eines (Familien-)Gesellschafters interessengerecht sein können. Hierbei wird herausgearbeitet, dass der Konflikt zwischen gesellschaftsinternen und -externen Interessen im Rahmen der üblichen Nachfolgeklauseln immer zugunsten der in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafter und damit dem Unternehmen entschieden wird. Am Schluss der Untersuchung werden Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, die im Einzelfall – neben oder anstelle von Einziehungs- und Abtretungsklauseln – zu einem interessegerechten Nachfolgeprozess führen können.