die phantomathek
Gedichte. Mit einen Nachwort von Peter Motzan
Traian Pop, Nicolae Prelipceanu
Nicolae Prelipceanu, dessen Gedichte längst zum Kanon rumänischer Lyrik gehören, ist einer der produktivsten, interessantes-
ten und vielseitigsten Autoren der rumänischen Gegenwarts-
literatur, der mühelos von einem Genre zum anderen wechselt: von der Lyrik zur Prosa, von literaturkritischen Reflexionen zu pointiert und effektvoll formulierten Reportagen. Schon seine ersten Gedichtbände weisen ihn als unabhängigen Poeten aus, der unbeirrbar und unbeirrt an seiner Ars poetica festhielt, seinen Diskurs auch nach der Wende in Rumänien 1989 nicht umpolte, sondern weiterentwickelte und dessen Themenfelder nunmehr transparenter gestaltete. Ein Neben- und Ineinander von Ironie und Melancholie prägt die Lyrik dieses Dichters von eigenen Graden und Gnaden, der sich als politischer Publizist ohne Wenn und Aber für eine kritische Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit eingesetzt hat.
Es ist aus heutiger Sicht erstaunlich, dass viele seiner subversiven und von Illusionslosigkeit geprägten lyrischen Existenzmeditationen, die sich zum Teil einer geschickten doppelbödigen Schreibweise bedienten, im kommunistischen Rumänien erscheinen konnten. Der Jubel- und Auftragsliteratur hat er sich konsequent verweigert. Es gibt keine Verse, deren sich der 75-Jährige schämen müsste.
Seine Lyrik pocht auf Zeitgenossenschaft. Sie geht von konkreten Alltagserfahrungen aus, die surrealistisch überhöht, verfremdet und dadurch verallgemeinert werden. Doch letztlich bleibt Nicolae Prelipceanu ein unruhiger Dichter der Einsamkeit und Ausgeliefertheit des verletzlichen Einzelnen über alle Grenzen hinweg.
Peter Motzan