Die Protestanten in Polen-Litauen (1696–1763)
Rechtliche Lage, Organisation und Beziehungen zwischen den evangelischen Glaubensgemeinschaften
Joachim Bahlcke, Wojciech Kriegseisen, Peter Oliver Loew, Rafael Sendek, Klaus Ziemer
Nicht nur in der breiteren Öffentlichkeit Westeuropas, auch in der Forschung ist die Auffassung weit verbreitet, Polen-Litauen sei im Jahrhundert der Aufklärung ein Hort des Katholizismus gewesen. Ursächlich hierfür ist nicht zuletzt die Selbstdarstellung der Adelsrepublik, die sich in dieser Phase der Machtpolitik zweier aufstrebender Nachbarmächte – des orthodoxen Russland und des protestantischen Preußen – zu erwehren hatte und in der Betonung des katholischen Bekenntnisses einen Eckpfeiler kollektiver Identität und Staatsräson sah.
Die einst so zahlreichen protestantischen Gemeinden stellten jedoch noch im 18. Jahrhundert eine konfessionell wie politisch bedeutende Minderheit dar, so das Ergebnis von Wojciech Kriegseisens Untersuchung, deren erste Auflage bereits 1996 in polnischer Sprache erschien. Auf der Grundlage breiter, bisher ungenutzter Quellenbestände zeichnet der renommierte Warschauer Historiker ein facettenreiches Bild der einzelnen evangelischen Glaubensgemeinschaften in Polen-Litauen. Dabei werden die Unionsbemühungen zwischen den evangelischen Kirchen ebenso detailliert nachgezeichnet wie die Binnenkonflikte zwischen Lutheranern und Reformierten. Erstmals werden überdies die wirtschaftlichen Grundlagen und die rechtlichen Existenzbedingungen der einzelnen Gemeinden in Polen und Litauen genauer untersucht. Da die Geschichte des Protestantismus in Polen-Litauen eng mit der Geschichte der Deutschen im alten polnischen Unionsstaat verbunden war, ist die Studie auch und gerade für die deutsche Frühneuzeitforschung von besonderem Interesse.