Die Rechtsbindung der Arbeitnehmer an Unfallverhütungsvorschriften gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII.
Jörg Vogel
Aufgrund der Zersplitterung des Arbeitsschutzrechts in eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, zu denen auch das Unfallverhütungsrecht der Berufsgenossenschaften zählt, ist es rechtsdogmatisch weniger erschlossen als andere Teilbereiche des Arbeitsrechts. Weitgehend ungeklärt ist die Frage, wie die Rechtsbindung der Arbeitnehmer an Unfallverhütungsvorschriften rechtsdogmatisch erklärt werden kann. Obwohl die Arbeitnehmer nicht Mitglieder der gewerblichen Berufsgenossenschaften sind, sind sie nach allgemeiner Ansicht, die oftmals nicht näher begründet wird, an Unfallverhütungsvorschriften gebunden. Der Autor entwickelt eine rechtsdogmatische Erklärung unter Einbezug des Gesamtzusammenhangs des Unfallverhütungsrechts.
Zur Einführung in die Thematik zeichnet Jörg Vogel zunächst einen historischen Abriß. Sodann gibt er einen Überblick über die Einteilung des Arbeitsschutzrechts. Darauf werden die Unfallverhütungsvorschriften systematisiert und Folgen von Verstößen diskutiert. Ausführlich widmet sich der Autor der Frage nach der Rechtsnatur der Unfallverhütungsvorschriften, die er dem Satzungsrecht zuordnet. Diese Rechtsbindung ist jedoch nur unter der Bedingung legitim, wenn die Versicherten die Möglichkeit haben, paritätisch beim Erlaß der Satzungen mitzuwirken. Damit sind demokratisch legitimierte Wahlen erforderlich. In diesem Zusammenhang diskutiert Vogel die Problematik der Friedenswahlen, die entgegen der Auffassung des Bundessozialgerichts nicht in Einklang mit der Verfassung sind. Damit ist festzustellen, daß ein wesentlicher Teil der Unfallverhütungsvorschriften der gewerblichen Berufsgenossenschaften unwirksam ist, da die Vertreterversammlungen größtenteils in Friedenswahlen bestimmt wurden.