Die Reglementierung von Prostitution in Deutschland.
Sabine Gless
Prostitution ist seit Jahrhunderten eine anerkannte Institution der städtischen Gesellschaft – nicht trotz, sondern wegen des ihr anhaftenden Makels. Denn die sittliche Stigmatisierung ermöglichte es, Prostitution als geächtete und rechtlose Erwerbstätigkeit pragmatisch, in einer sozial verträglichen Form als dauernde Einrichtung zu konsolidieren.
Diese These belegt die Autorin anhand der historischen Entwicklung der Reglementierung von Prostitution in Deutschland. Der geschichtliche Rückblick zeigt dazu die Reglementierung als „unehrliches Gewerbe“ der mittelalterlichen Stadt, die offizielle Konzessionierung im Rahmen der „guthen polizey“ im 18. Jahrhundert, die Einschreibung der Prostituierten als „Kontrollmädchen“ im 19. Jahrhundert, die sogenannte Freigabe durch das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten von 1927 und die Regelung im Nationalsozialismus. Nach dem geltenden Recht ist Prostitution ebenfalls innerhalb des durch die Straftatbestände gezogenen Rahmens erlaubt; die Prostituierte kann jedoch nicht die Rechte geltend machen, die im allgemeinen mit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit verbunden sind. Diese Rechtlosigkeit der Prostituierten in bezug auf ihre Erwerbstätigkeit und andere tradierte, mit geltenden Rechtsgrundsätzen nicht vereinbare Bestandteile der Prostituiertenreglementierung werden aufgezeigt und die zur Verbesserung der Rechtsstellung der Prostituierten vorgelegeten Reformvorschläge kritisch analysiert.