Die unbeabsichtigte Republik: Deutschösterreich 1918–1920
Ernst Rudolf Kochne
Dieses Buch analysiert die historischen Geschehnisse, die die deutschsprachigen Reichsratsabgeordneten im Zuge des kriegsbedingten Zerfalls des Habsburgerreiches im Herbst 1918 zwangen, zur Wahrung der Interessen ihrer Wähler eher unbeabsichtigt eine ´österreichische Revolution´ auszulösen und in deren Verlauf die Republik Deutschösterreich auszurufen. Die katastrophale Versorgungslage nötigte dabei die Parteien, miteinander zu kooperieren, den neuen Staat funktionsfähig zu machen und gegen eine Reihe interner und externer Gefahren zu schützen. Als die existenziellen Bedrohungen nachließen, verfingen sich jedoch die weltanschaulich weit auseinander liegenden Parteien in ihren ideologischen Vorurteilen, verließen den Boden der bisher so erfolgreichen Konsensdemokratie und verspielten damit die Chance, Österreich langfristig zu einer stabilen Demokratie zu machen. Insbesondere mangelte der Republik jener parteien- und klassenübergreifende Grundkonsens über Staat und Gesellschaft, der erst das langfristige gedeihliche Zusammenleben verschiedener Interessensgruppen ermöglicht. Es fehlte allgemein das Bewusstsein, Teil einer alle Gesellschaftsschichten umfassenden ´österreichischen Nation´ zu sein. Von den meisten Österreichern ohnehin nur als Notlösung akzeptiert, sollte die nach dem Willen der Sieger nunmehr ´Österreich´ genannte Republik deshalb in den folgenden Jahren letzten Endes erfolglos versuchen, das Trauma des Kleinstaates und dessen Lebensunfähigkeit zu überwinden.