Donnersberger Brücke
Ein Photonovel
Helmut Hönsch
Eine Photostory mit ganz gewöhnlichen Bildern, so gewöhnlich, dass das Sichtbare nicht mehr auffällt, selbst Bildeindrücke zu Alltagsroutinen, eingebrannten Erinnerungen, werden. Wer jahrelang die gleichen Wege nimmt, sich im eigenen täglichen Transit befindet, wird an diesen Orten jeden Tag eine Schicht Erinnerung im Langzeitgedächtnis hinterlegen, so lange, bis man blind den Weg kennt und die Konturen des Raums nachzeichnen kann, ohne sie vielleicht je wirklich wahrgenommen zu haben. „Burnt-in Memories“, unbewusste, eingebrannte Erinnerungen, sie vermischen sich in diesem Photonovel mit einem Alltag, der so jeden Tag hundertfach an der Donnersberger Brücke passiert. Der Ort, wo man sich als Mitfahrer verabredet, Treffpunkt für Weiterreisende.
An diesem frühen Morgen ist es Luk, der seine Mitfahrerin Lisa treffen wird. Er ist früh dran, hat noch Zeit bis zur Ankunft von Lisa. Er will die Brücke erkunden, eine Fotostory basteln, die Graffitikunst im Nordteil der Brücke fotografieren, wo 58 Künstler spektakuläre Spraykunst hinterlassen haben. Es dämmert bereits, aber der Himmel bleibt gelb, die Zeit bleibt stehen. Er hat die Zeit vergessen und seine Mitfahrerin vielleicht schon verpasst. Auf dem Handy keine Nachricht. Er sucht nach ihr, sie geht nicht ans Telefon. Er sucht weiter, aufsteigende Panik.
Eine Brücke mit Tausenden von Transitreisenden bleibt eine ganz normale Brücke. Wenn der Bus einfährt, dann weil er die Menschen transportiert, die Brücke als Querung, Verbindung, Umstiegs-und Knotenpunkt. Überall ist etwas in Bewegung, ob oben auf der Brücke, auf den Gleisen, Aufzüge, sich öffnende und schließende Türen, Rolltreppen, Menschen. Die Blicke gehen in alle Richtungen und folgen der Bewegung. Er nimmt nur noch flüchtig wahr, was um ihn herum passiert, er glaubt sie zu erkennen, folgt ihr, doch sie ist es nicht. Am Ende wacht er auf, weil es nur ein Traum war.