Eine rechtliche Beurteilung der Sterbebegleitung unter besonderer Berücksichtigung der Kodifizierung der Patientenverfügung
Tobias Höfling
Am 1. September 2009 trat das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts in Kraft. Damit wurde erstmals das Instrument der Patientenverfügung in der deutschen Rechtsordnung geregelt. Mit Hilfe einer Patientenverfügung kann eine Person für den späteren Zustand ihrer eventuellen Einwilligungsunfähigkeit ihre Einwilligung oder Verweigerung für potentiell notwendig werdende medizinische Massnahmen vorwegnehmen. Ziel des Gesetzgebers war es, dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht des Patienten auch für diejenige Lebensphase Geltung zu verschaffen, in der der Betroffene nicht mehr einwilligungsfähig ist und für welche er seine Autonomie anhand einer antizipierten Erklärung ausüben will. Zwar hatte die Rechtsprechung die Möglichkeit der Vorausverfügung des Patientenwillens im Grundsatz schon zuvor anerkannt. Die Wirksamkeitsvoraussetzungen und die Reichweite von Patientenverfügungen waren jedoch in der Rechtswissenschaft heftig umstritten. Durch die nicht einheitliche und nicht alle Detailfragen umfassende Rechtsprechung einerseits und wegen der angesichts der immer weiter entwickelten Möglichkeiten der künstlichen Lebensverlängerung stark gestiegenen Praxisrelevanz von Vorausverfügungen andererseits wurde eine gesetzliche Regelung überwiegend als notwendig erachtet. Die Debatte über die Voraussetzungen einer wirksamen Patientenverfügung ist nicht zu trennen von der grundsätzlichen Diskussion über die Kategorien zulässiger Sterbehilfe. Schliesslich werden in der Praxis Patientenverfügungen überwiegend dazu genutzt, um die Begrenzung einer medizinischen Behandlung oder die Durchführung einer hochdosierten, möglicherweise lebensverkürzenden Schmerzbehandlung anzuordnen und nicht um in eine zukünftige Behandlung einzuwilligen. Das Werk nimmt die Novellierung des Betreuungsrechts zum Anlass, um zunächst den Umfang des im Grundgesetz verankerten Selbstbestimmungsrechts des Patienten über den eigenen Körper zu analysieren. Sodann beschäftigt sich der Autor mit den traditionellen Kategorien der Sterbehilfe und deren strafrechtlicher Einordnung. Ebenso wird der Frage nachgegangen, ob eine ausdrückliche gesetzliche Straflosstellung der erlaubten Formen der Sterbehilfe sinnvoll erscheint und im Anschluss daran ein eigener Vorschlag zur Reform des Strafrechts unterbreitet. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht schliesslich das Rechtsinstitut der Patientenverfügung. Nach einer Abgrenzung der Patientenverfügung von der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfügung diskutiert der Verfasser im Anschluss die widersprüchliche Rechtsprechung zur Patientenverfügung vor dem 1. September 2009 und unterzieht die durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts neu geschaffene Regelung der §§ 1901 a ff. BGB einer kritischen Prüfung.