Fiskalentstrickung als Strukturproblem im Binnenmarkt
Ramona Seufer
Entstrickung ohne Realisation durchbricht das ertragsteuerlich immanente Prinzip der Besteuerung realisierter Gewinne. Als Phänomen der Ertragsbesteuerung wird Entstrickung auf Ebene des Binnenmarktes zum Strukturproblem. Transnationale Entstrickung ist Fiskalentstrickung, in Abgrenzung zu nationaler, systembedingter Entstrickung. Der nationalstaatliche Fiskus sieht Steuersubstrat abwandern und seinen Besteuerungszugriff gefährdet, sobald das Wirtschaftsgut aus der Staatenzugehörigkeit herausbricht. Transnationale Binnenmarktbewegungen erfordern die Auseinandersetzung mit Unionsrecht und mit einer Grundspannung zwischen Grundfreiheitsrechten und nationalstaatlicher Autonomie. Entstrickung stellt insbesondere im derzeitigen Entwicklungsrahmen der Europäischen Union eine Kontroverse dar. Die Entstrickungsbesteuerung, die aufgrund eines Fiskuswechsels ausgelöst wird, zeigt sich als Strukturproblem einer Marktordnung, die das Recht auf Bewegungsfreiheit garantiert, zuweilen aber nicht umzusetzen vermag. Die Regelungen im deutschen Steuergesetz münden zudem in vielfältigen Kontroversen, was zur systematischen Aufarbeitung von Erfordernis, Umsetzung und Auswirkung von Entstrickung anleitet sowie zu der Frage, wie sich die deutsche Entstrickungsbesteuerung in den europarechtlichen Gesamtkontext fügt.