Gefährliche Sensationen
Die Visualisierung von Verbrechen in deutschen und amerikanischen Pressefotografien 1920–1970
Maren Tribukait
Als in den 1920er Jahren Verbrechensfotos in Zeitungen und Zeitschriften zu zirkulieren begannen, galten sie als gefährliche Sensationen, die Ängste schüren, Stimmungen aufschaukeln und zur Nachahmung anregen. Pressefotografien von Tätern und Opfern, Tatorten und Strafprozessen erregten eine hohe Aufmerksamkeit und riefen Kritik hervor. Ihnen wurde eine Macht über die Betrachter zugeschrieben, doch worin bestand diese Macht und wo lagen ihre Grenzen? Welche Funktionen kamen diesen Bildern im Dreieck von Kriminalität, Justiz und Öffentlichkeit zu und wie erzeugten sie Sinn? Angeregt durch Ansätze der Visual History geht die Studie von Maren Tribukait diesen Fragen nach und untersucht vergleichend die amerikanische und deutsche Bildpraxis in der klassischen Moderne. Anhand ausgewählter Fallbeispiele werden die öffentliche Wirkung und die gesellschaftlichen Funktionen der Verbrechensfotografien analysiert, wobei auch die symbolische Ebene einbezogen wird. Gleichzeitig werden die Zeigbarkeitsregeln in beiden Ländern rekonstruiert und so die Unterschiede der deutschen und der amerikanischen Medienkultur im 20. Jahrhundert herausgearbeitet. Indem die Ambivalenzen der Fotografie betont werden, gelingt eine differenzierte Darstellung der medialen Konstruktion von Kriminalität, die die Debatte um die Macht der Bilder bereichert.