Grenzen strafbarer Fahrlässigkeit im französischen und deutschen Recht.
Fabian Pfefferkorn
Während der deutsche Strafgesetzgeber verbreiteten Forderungen nach einer Entkriminalisierung leichter Fahrlässigkeit bislang nicht nachgekommen ist, wurde der allgemeine Fahrlässigkeitstatbestand des französischen Code pénal innerhalb kurzer Zeit Gegenstand von zwei Reformen, die das rechtspolitische Ziel verfolgen, eine Reduzierung der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit zu bewirken. Vor allem die jüngste Reform aus dem Jahre 2000, durch die eine eigentümliche Verbindung zwischen Fahrlässigkeitsmaßstab und Kausalbeziehung hergestellt wird, gibt den Anstoß zu Überlegungen hinsichtlich der Lösung von Problemen, die in Deutschland seit einiger Zeit diskutiert werden: Neben der Entkriminalisierung leichter Fahrlässigkeit und der Struktur des Fahrlässigkeitstatbestandes zählt hierzu vor allem die Frage des Rückgriffs auf fahrlässige Erstverursacher.
Fabian Pfefferkorn widmet sich im ersten Teil der Untersuchung den Grundlagen der französischen Fahrlässigkeitsdogmatik, die aus Sicht des deutschen Strafrechts zahlreiche Besonderheiten aufweisen. Im zweiten Teil befasst er sich speziell mit den Reformen der Jahre 1996 und 2000 und ihren Auswirkungen auf die bisherige französische Rechtslage. Im Anschluss hieran wird im dritten – rechtsvergleichenden – Teil der Arbeit der neue Art. 121-3 Abs. 4 CP und dessen komplizierte Abstufung des Fahrlässigkeitsmaßstabes vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage auf der Basis eines funktional restriktiven Fahrlässigkeitsbegriffs einer kritischen Bewertung unterzogen.
Dem Autor gelingt es, mittels einer klaren und präzisen Argumentation anschaulich und exemplarisch zu demonstrieren, welche gravierenden Unterschiede im Denk- und Argumentationsstil selbst im Kernbereich der Strafrechtsdogmatik zwischen deutschen und französischen Juristen existieren – Unterschiede, die bei oberflächlicher Betrachtung verborgen bleiben.