Herabsetzung der Gegenleistung nach culpa in contrahendo.
Ulrich Gebhardt
Gegenstand der Arbeit ist die Untersuchung einer besonderen Rechtsfolge einer Fallkonstellation der culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluß).
Wenn im Vorfeld eines Vertragsschlusses, meist eines Kaufvertrages, der Schuldner der Hauptleistung falsche Informationen über den Vertragsgegenstand gibt oder die erforderliche Aufklärung oder Beratung unterläßt, so kann dem Gläubiger ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo erwachsen. Der Anspruch richtet sich nach der Rechtsprechung des BGH wahlweise auf Rückabwicklung des Vertrages oder auf Herabsetzung der Gegenleistung, wobei der Käufer den erworbenen Gegenstand behalten kann. Mit dieser Herabsetzung der Gegenleistung befaßt sich der Autor.
Zunächst wird eine dogmatische Grundlage für die Herabsetzung der Gegenleistung an sich erarbeitet, an die die bisher vorwiegend von pragmatischen Überlegungen geprägte Rechtsprechung rückgekoppelt werden kann. Bisherige Begründungsversuche halten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Historische Betrachtungen und eine sorgfältige Analyse der Interessenlage führen zu dem neuartigen Ansatz, die Herabsetzung der Gegenleistung auf die vergessene Vorschrift des § 251 Abs.1 2. Alt. BGB zu stützen.
Sodann wird die bislang ungeklärte Frage der Bemessung des Umfangs des Anspruchs untersucht. In der Rechtsprechung kursiert eine Vielzahl von widersprüchlichen Berechnungsmethoden. Auch hier lassen sich jedoch unter Zuhilfenahme der bereits gewonnenen Ergebnisse klare Leitlinien erarbeiten. Die Betrachtung von Sinn und Zweck der Rechtsfigur belegt, daß der Umfang der Herabsetzung entsprechend der aus § 472 Abs. 1 BGB bekannten Minderungsformel zu berechnen ist. Dieses Ergebnis läßt sich entgegen bisheriger Praxis mit notwendigen Anpassungen auf alle Fallkonstellationen anwenden.