Hermann Obrist
Im Netzwerk der Künste und Medien um 1900
Sabine Gebhardt Fink, Matthias Vogel
Hermann Obrist, der in der Schweiz geboren wurde, galt mit seinen bahnbrechenden Textilentwürfen und ausschweifender Ornamentik als einer der Anreger und originellsten Begründer der Münchner Jugendstilbewegung. Dass Obrist als Plastiker und Zeichner auch ein Vorläufer zahlreicher Tendenzen der Abstraktion und der Moderne war, ist in jüngerer Zeit erst durch einige Gruppenausstellungen und vor allem durch eine grosse monographische Schau, die 2009-2010 in Zürich, München und Leeds gezeigt wurde, ins Bewusstsein eines breiten Publikums gedrungen.
Die nun vorliegende Publikation versammelt die Resultate eines vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützen Forschungsprojekts am Institute for Cultural Studies in the Arts der Zürcher Hochschule der Künste, das die Ausstellung von 2008 bis 2010 begleitete. Der Wissensstand des Katalogs diente dabei als Ausgangspunkt für weitere Erkundungen und Analysen. Da die Quellenlage zum Künstler durch Kriegsschäden dürftig war, führen die zahlreichen neu entdeckten schriftlichen Zeugnisse und einige wieder lokalisierte Kunstwerke, die im Laufe der Forschung aufgetaucht sind, zu einem veränderten Bild von Obrist, seinem Werk wie seinem Umfeld. Eine ausführliche Chronik erhellt seinen künstlerischen Werdegang und die Rezeption seiner Arbeiten. Einzelaufsätze vertiefen die Kenntnisse zu seinem intellektuellen, bildnerischen und medialen Netzwerk. Seine engen Verbindungen zu lebensreformerischen Bestrebungen von der Kunstgewerbebewegung (Werkbund) bis zur Kunstschulreform (Bauhaus), aber auch seine Affinität zur Abstraktion und zu den Künstlern des Blauen Reiters und Architekten des Expressionismus werden genauer bestimmt. Nicht nur sein Einfluss auf die Künstlerische Praxis und Theorie um 1900 in Deutschland, sondern auch seine Relation zu englischen und europäischen Tendenzen konnte mit Hilfe zahlreicher Archivrecherchen rekonstruiert werden.