Kartelltheorie und Internationale Beziehungen
Theoriegeschichtliche Studien. Mit einem Vorwort von Michael Gehler.
Holm A. Leonhardt
Die klassische Theorie unternehmerischer Kartelle galt seit dem Zweiten Weltkrieg als überholt. Sie ist inzwischen weitgehend vergessen. Tatsächlich ist ihr Erkenntniswert als interdisziplinäre und institutionalistische Theorie beträchtlich. Wie im vorliegenden Buch gezeigt wird, eignet sie sich in einer nachgebesserten Form
– zur Analyse der Wirtschaftsgeschichte des 19. und 20. Jh. in Epochen, in welchen Kartelle und Syndikate beherrschende Strukturfaktoren waren,
– zur Bestimmung und Abgrenzung von Wirtschaftssystemen, wie der Kriegs- und Lenkungswirtschaft im Dritten Reich, deren Rüstungs- und Versorgungswunder der Wissenschaft bislang Rätsel aufgaben, und
– für eine Theoriebildung in den Internationalen Beziehungen, in welchen seit langem ein „Elend der Theorie“ beklagt wird.
Die neue, kritisch-sozialwissenschaftliche Kartelltheorie vergleicht die Europäische Union mit einem Kartell „höherer Ordnung“, einem „industriellen Syndikat“. Deren Funktionsmängel sind aus ihrer Kartelleigenschaft erklärbar: Die Leiden der EU resultieren aus unzureichend bewältigter Konkurrenz zwischen den Mitgliedstaaten. Nationale Vorbehalte bewirkten u.a. Konstruktionsmängel bei der gemeinsamen Währung Euro und im Aufbau der Gemeinschaftsorgane der EU. Diese Fehler gefährden die Fortentwicklung der Europäischen Union und den Wohlstand ihrer Bürger. Sie lassen die EU in ihrer Konkurrenzfähigkeit hinter anderen Wirtschaftsregionen der Welt zurückfallen.