Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten
Grundlagen und Rechtsfolgen einer international koordinierten Sanktion, dargestellt am Beispiel der Türkischen Republik Nord-Zypern
Stefan Talmon
Mehr als 100 Jahre war die Debatte über die Wirkung der Anerkennung von Staaten geprägt von der Auseinandersetzung zwischen der deklaratorischen und der konstitutiven Theorie. Am Beispiel der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nord-Zypern zeigt Stefan Talmon, daß keine der beiden Theorien die Nichtanerkennung von Wirkungseinheiten erklären kann, die die Staatskriterien erfüllen, aber unter Verstoß gegen das Völkerrecht entstanden sind. Der Nichtanerkennung eines bestehenden Staates kommt weder statusverhindernde noch statusbestätigende, sondern statusverneinende, d.h. negatorische Wirkung zu. Bei der kollektiven Nichtanerkennung handelt es sich um eine von der Staatengemeinschaft seit den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eingesetzte Sanktion gegen schwerwiegende, die wesentlichen Interessen der Staatengemeinschaft als Ganzes verletzende Völkerrechtsverstöße. Bei der vom Völkerbund bzw. von den Vereinten Nationen koordinierten Nichtanerkennung werden dem ‚illegalen Staat‘ nicht nur die optionalen zwischenstaatlichen Beziehungen und die sich der daraus ergebenden Rechte und Privilegien, sondern auch die zwingenden Grundrechte eines Staates (d.h. alle aus der Staatsqualität resultierenden Rechte, Kompetenzen und Privilegien) vorenthalten.