Leben ohne die Toten
Konfliktaustrag und Kompromissfindung im Kontext der Begräbnisplatzverlegungen im Kreis Tecklenburg (1780-1890)
Christof Spannhoff
Im Zentrum dieser Studie steht die Analyse von Konflikten, die sich um die Verlegungen von Bestattungsplätzen entsponnen. In Westfalen lagen die Gräberfelder im ländlichen Bereich noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein um die Dorfkirche herum. Der Grund dafür bestand darin, dass sich die Verlegungsvorgänge, die vielfach bereits im ausgehenden 18. Jahrhunderts begonnen hatten, oftmals Jahrzehnte lang hinziehen konnten. Auslöser dieser konfliktreichen Prozesse waren aus der Aufklärung erwachsene sanitätspolizeiliche Vorgaben, die allerdings vielfach in Konkurrenz zu den Begräbnispraktiken der örtlichen Bevölkerung und den dahinter stehenden Ideen traten. Die sepulkralkulturellen Vorstellungen der ländlichen Bevölkerung waren dabei teilweise konfessionell geprägt. Deswegen ist als Untersuchungsgebiet der vorliegenden Studie der ehemalige bikonfessionelle Kreis Tecklenburg gewählt worden, um mögliche Unterschiede zwischen katholischen, evangelischen und gemischtkonfessionellen Orten deutlich machen zu können. Ziel der vorliegenden Dissertationsschrift ist es dabei, Einblicke in die einzelnen Gegenstände, Themen und Ursachen dieser speziellen dörflichen Auseinandersetzungen um die Auslagerung der Grabstellen aus dem Zentrum eines Ortes sowie über die unterschiedlichen Formen des Konfliktaustrags und der Konfliktlösung zu gewinnen.