Luther oder Melanchthon?
Der Bruch einer historischen Freundschaft und die Folgen für die heutige Ökumene und das Reformationsgedenken 2017
Jürgen Diestelmann
Mehr als zwanzig Jahre lang wirkten die beiden Reformatoren gemeinsam in Wittenberg. Doch dann zerstörte ein tragischer Streit ihre Freundschaft. Ursache hierfür war ein grober Vertrauensmissbrauch Melanchthons. Den Sakramentsglauben, der für Luther stets von grundsätzlicher Bedeutung war, hatte er bei entscheidenden Verhandlungen in mehrdeutigen und für Luther unannehmbaren Formulierungen dargestellt. Dadurch wurde erkennbar, dass beide sehr unterschiedliche Zielvorstellungen für ihr reformatorisches Wirken hatten. Die Reformation der Einen ungeteilten Kirche durch die lebendige Gegenwart Gottes in Wort und Sakrament, wie Luther sie eigentlich mit den 95 Thesen eingeleitet hatte, musste scheitern. Für die Folgezeit hatte dies schwerwiegende Konsequenzen, die bis heute die Kirche belasten. Im ökumenischen Zeitalter hat dies eine besondere Aktualität. Der heutige Protestantismus kann sich nicht auf Luther berufen. Für das ökumenische Miteinander und angesichts des bevorstehenden Reformationsgedenkens 2017 fragt der Verfasser: Wem folgt die Kirche: Luther oder Melanchthon?