Mauthausen vor Gericht
Nachkriegsprozesse im internationalen Vergleich
Christian Rabl
Die juristische Verfolgung von Verbrechen, die im KZ-Komplex Mauthausen begangen wurden, wurde bislang nur partiell wissenschaftlich aufgearbeitet. Die vorliegende Studie befasst sich erstmals umfassend mit Ermittlungen und Prozessen gegen NS-Täter sowie deren weiteren Lebensverläufen. Nach der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen im Mai 1945 unterstützten die überlebenden Häftlinge die U.S. Army bei deren ersten Ermittlungen vor Ort, um die Täter festzunehmen und sie vor Gericht zu bringen. Im ersten Nachkriegsjahrzehnt erstreckte sich die gerichtliche Ahndung der Gewaltverbrechen auf alle vier alliierten Mächte; darüber hinaus wurden auch in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas, darunter Polen, die Tschechoslowakei, Slowenien, Österreich, West- und Ostdeutschland, Prozesse geführt. In dieser Studie stehen rund 500 Verfahren im Fokus, die mit einem Urteil abgeschlossen wurden. Unterschiedliche juristische Rahmenbedingungen und geopolitische sowie gesellschaftliche Verhältnisse wirkten sich auf den Verlauf der Prozesse wie auch auf die Begnadigungspraxis aus. Der Autor zeigt, dass es bei verurteilten NS-Tätern nach ihrer Haftentlassung keiner Reintegration in die deutsche und österreichische Nachkriegsgesellschaft bedurfte, da sie zu keinem Zeitpunkt außerhalb dieser Gesellschaften standen.Christian Rabl, geboren 1979 in Lilienfeld, hat an der Universität Wien Politikwissenschaft und Geschichte studiert. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zeithistorischen Zentrums Melk und hat einen Lehrauftrag am Institut für Zeitgeschichte in Wien. Für seine Dissertation „Der KZ-Komplex Mauthausen vor Gericht“ wurde er 2018 mit dem Mauthausen-Memorial-Forschungspreis ausgezeichnet.