Mikrogramme 1924/25
im Auftrag der Stiftung für eine Kritische Robert Walser-Ausgabe...
Wolfram Groddeck, Angela Thut, Robert Walser, Christian Walt
Mit dem ersten Band der sechsten Abteilung der Kritischen Robert Walser-Ausgabe beginnt eine neue Erschließung des mikrographischen Nachlasses von Robert Walser. Das Konvolut der «Mikrogramme» umfasst 526 lose Blätter unterschiedlichen Formats, die aus Walsers Schaffensphase von 1924 bis 1933 stammen. Ein großer Teil seines Spätwerks wurde hier entworfen, aber nur etwas mehr als die Hälfte der mikrographischen Entwürfe hat der Autor selber weiterverwertet.
Die legendären und immer wieder mystifizierten Mikrogramme, die in einer schwer zu lesenden Kleinstschrift notiert sind, werden hier erstmals vollständig faksimiliert, transkribiert und ediert. Editorische Einheit ist das nach einer vermuteten Entstehungschronologie eingeordnete einzelne Blatt (oder der entsprechende Blattverbund). Die Faksimiles in Originalgröße werden zunächst in einer Umschrift zugänglich gemacht, welche die topographischen Verhältnisse der Textverteilung auf dem Blatt anschaulich wiedergibt. In ihr wird die ursprüngliche Konstellation der Aufzeichnungen auf dem Blatt für den Leser unmittelbar sichtbar. In einem zweiten editorischen Schritt werden die verschiedenen Aufzeichnungen aus dem Blattkontext gelöst und als Einzeltexte dargeboten, welche die Entwürfe in ihrem chronologischen Textverlauf und im originalen Zeichenbestand lesbar machen. Dieser Teil der Edition wird in den Marginalien philologisch kommentiert. Die einzelnen Aufzeichnungen sind mit den edierten Reinschriften und Erstdrucken in den andern Abteilungen der Kritischen Ausgabe verknüpft.
In der komplementären elektronischen Edition liegen die Faksimiles in hochaufgelösten, d.h. stark vergrösserbaren Scans vor, die durchgehend mit den Transkriptionen verknüpft sind. Sie ermöglichen so ein tiefergehendes Text- und Handschriftenstudium. Mit der hier begonnenen Neuedition der Mikrogramme wird die konsequente Arbeitstechnik Walsers sowie seine stilistisch und poetologisch singuläre Schreibweise am konkreten Material evident. Die Edition lädt dazu ein, den Kosmos des Walserschen Spätwerks neu zu entdecken und zu erforschen