Milieus in Lübeck während der Weimarer Republik (1919–1933)
Oliver Auge, Julian Freche
Die Erforschung der sozialmoralischen Milieus in Deutschland hat sich in den letzten 50 Jahren fast vollständig auf das sozialistische oder das katholische Milieu beschränkt und damit weite Teile der Bevölkerung außer Acht gelassen. Doch gab es neben diesen beiden eindeutig nachgewiesenen Milieus überhaupt weitere? Wie haben sich diese konstituiert und wer gehörte ihnen an? Diese Leitfragen werden in der vorliegenden Untersuchung anhand des Beispiels der Freien und Hansestadt Lübeck während der Weimarer Republik zwischen 1919 und 1933 untersucht. Lübeck gilt als „rote Stadt“, die Existenz eines sozialistischen Milieus muss geradezu vorausgesetzt werden. Doch die Stadt hatte auch eine lange und reichhaltige konservative und liberale Tradition, das „Hanseatentum“ prägte die Stadt wie kaum eine andere und so stellt sich die Frage, ob nicht gerade in Lübeck die Voraussetzungen gegeben waren, um auch ein nationales Milieu herauszubilden. Die vergleichende Untersuchung unterschiedlicher Milieus ermöglicht es gleichzeitig, wichtige Forschungslücken in Bezug auf die Zeitgeschichte Lübecks zu schließen.